die
weissen nächte sind naturereignis und volksfest in einem. die meisten
mitteleuropäer und -innen kennen sie nur vom hören sagen, diese nächte in den wochen um
die sommersonnenwende, wenn es ganz im norden nie dunkel wird und nur noch die
wodkalieferanten einer einigermassen geregelten arbeit nachgehen. man erliegt
in diesen nächten der leichtigkeit des seins. das vokalensemble „der chor
luzern“ reist diesen sommer zum chorfestival europa cantat nach estland und zauberte deshalb jetzt ein
stimmungsvolles, faszinierendes programm ins luzerner neubad: „der chor
durchsingt die weissen nächte“. unter der akkuraten leitung von daniela
portmann erklangen die unterschiedlichsten volks- und kinderlieder aus
skandinavien, dem baltikum und der schweiz, rituelle runengesänge, musik
gewordene emotionen aus früheren epochen, die ins heute weitergesponnen werden.
ein phänomenales stimmenfest, das durch das (frauen-)trio interfolk mit
violine, akkordeon und klavier mal unterbrochen mal unterstützt wurde und so
immer wieder neu verdeutlichte, wie sehr volksmusik lebt, wenn sie neu
arrangiert wird, sorgfältig, witzig, sentimental, schräg, überraschend. da
klingen finnischer tango durch und mittelalterliche polyphonie und ferne echos
aus den schweizer bergen. man versteht dann wieder, dass die schweizer söldner,
sobald sie in der ferne den ranz des vaches sangen, subito an der maladie du pays
erkrankten. und man versteht, dass die esten glauben, mit der macht von liedern
lasse sich alles beeinflussen, der alltag und die welt; das haben sie mit ihrer
singenden revolution 1989 gemeinsam mit den letten und den litauern ja
eindrücklich bewiesen. das ist der wahre zauber der weissen nächte.
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