in
seiner schmuddeligen wg-küche versucht er das blut vom beil abzuwaschen. doch
dann hört er draussen die kumpels kommen. im letzten moment verschwindet das
beil im kühlschrank. die grundspannung ist sofort da und sie ist enorm: jedes
mal, wenn sich jemand dem kühlschrank nähert, zuckt raskolnikow zusammen,
schwitzt, bekommt fiebrige augen. das verbrechen, für das er sich ideologisch
zu legitimieren meinte („um des sozialen fortschritts willen ist es grossen
menschen erlaubt, lebensunwertes leben zu vernichten“) und das er kühl begangen
hat, es macht ihn krank. paul behren spielt diesen raskolnikow am münchner volkstheater
herausragend, nervös schwankend zwischen intellektueller überlegenheit und
überheblichkeit auf der einen und psychischer und physischer erschöpfung auf
der anderen seite. ein junger mann mit durchaus sympathischen zügen, man kann
als schweizer zuschauer die parallelen zum vierfachmord von rupperswil nicht
abschütteln. schuld und sühne, verbrechen und strafe, übertretung und
zurechtweisung – die juristischen und moralphilosophischen begriffe, die
dostojewski in seinem roman über dutzende, über hunderte von seiten verhandelt,
nimmt christian stückl in seiner inszenierung als basis für energiegeladene,
aggressive, auch mal schräge wg-diskussionen. ein cleverer kunstgriff, voller
respekt vor dostojewski, ein dichter abend, dicht am dichter.
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