herzallerliebst!
wie die tanztruppe des luzerner theaters die geschichte vom begnadeten
verführer don juan präsentiert, das ist ein wahres bijou. zu mix-musik aus
opern, balletten und sinfonien von christoph willibald gluck und inmitten wild
wechselnder barocker bühnenprospekte entwirft der brasilianische choreograf
fernando melo figuren-konstellationen, so filigran und fulminant, dass man sich
nicht satt sehen kann. wo zum beispiel hat man schon einen mehrere minuten
dauernden pas de deux geboten bekommen, bei dem sich die beiden ununterbrochen
küssen, erotik und akrobatik aufs köstlichste verbindend? das kommen und gehen
2065 weiblicher schönheiten in don juans leben wird mit atemberaubendem slapstick
und verblüffenden theatertricks auf die spitze getrieben, ein permanentes
trompe-l’oeil. mit diesem die tänzer wie das publikum gleichermassen
elektrisierenden gewusel könnte der abend endlos an der oberfläche bleiben. tut
er aber nicht. ganz bewusst verdeutlicht die choreografie, wie die zahllosen
verführungen und versuchungen nicht nur die gefühlswelt der damen durcheinander
bringen, sondern durchaus nachhaltig vor allem don juans eigene, hier also
deutlich von mozarts einigermassen unreflektiertem don giovanni abweichend.
samuel déniz falcón ist für diese sichtweise die ideale besetzung: ein junger
strahlemann, hinter der fassade mit selbstzweifeln, existenzängsten,
todesahnungen ringend – ein differenziertes rollenporträt. und am schluss, zu
glucks betörenden schatten-melodien, eine durchaus attraktive leiche.
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