Samstag, 13. April 2013

ZÜRICH: DICKDARMKRÄMPFE

big daddy (jean-pierre cornu) gaukelt sich und der welt vor, nicht ein tödlicher krebs habe ihn befallen, sondern bloss dickdarmkrämpfe. sein sohn brick (markus scheumann) gaukelt sich und der welt mit hilfe von reichlich alkohol vor, er sei nicht schwul. bricks frau maggie (julia jentschs comeback nach der babypause) hofft vergeblich, dass er auch für sie noch ein wenig wärme übrig hat. tennessee williams führt in „die katze auf dem heissen blechdach“ in ein erbärmliches kabinett der verlogenheiten und verschobenen wahrnehmungen. das erstklassige ensemble am schauspielhaus zürich hätte alle voraussetzungen, dieses spiel mit fassaden und abgründen, das zum geburtstag von big daddy die ganze sippe zusammenführt, so zu spielen, dass es richtig weh tut. diesen text, diese figuren muss man auf dem seziertisch präsentieren. doch regisseur stefan pucher tut, was er immer wieder tut: er erstickt die subtile vorlage mit einer bilderorgie. er macht auf grosse show, füllt die bühne mit sämtlichen amerikanischen 50er-jahre-scheusslichkeiten, die ihm in die hand kommen, steckt die leute in übertrieben geschmacklose kostüme, beamt unnötige filmchen auf die hässliche, höhlenartige deko, und einmal mehr geht’s auch nicht ohne mittelmässige gesangseinlagen. it’s too much for tennessee: kein heisses blechdach, sondern ein hoffnungslos überladenes. das resultat: dickdarmkrämpfe.

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