Montag, 10. Dezember 2012

ZÜRICH: HOMOKIS HOLLÄNDER-SPUK

was haben sich die zürcher gefürchtet vor ihrem neuen opernhaus-intendanten andreas homoki. irritation, provokation, agitation – auf alles haben sie sich eingestellt. und jetzt dies: bei seiner ersten eigenen première, „der fliegende holländer“ von richard wagner, bleibt homoki überraschend konventionell. das radikalste in seiner klugen inszenierung, die sich auf die inneren stürme konzentriert, ist der verzicht auf jegliche seefahrer-romantik. hier spielt die handlung in einem handelskontor zur kolonialzeit, viel schweres holz, ledersessel, bürolisten-inventar und über allem eine riesige afrika-karte. senta (anja kampe) verzweifelt an diesem spiessigen reeder-mief und sehnt sich nach erlösung durch den durch sagenwelt und weltmeere irrenden holländer. bryn terfel (zürcher debut!) ist das ereignis des abends. als wäre johnny depps captain sparrow in die jahre und in die pfunde gekommen, geistert dieser holländer durch sentas träume, taucht plötzlich auf, ist plötzlich weg, auch er ein auf erlösung hoffender, das phantom dieser oper. bryn terfel gestaltet mit seinem wuchtigen bassbariton jede silbe einzeln, eine stimme mit tausend farbnuancen. weltklasse. sehr differenziert geht auch der junge pariser dirigent alain altinoglu ans werk; die kammermusikalische transparenz interessiert ihn genauso wie der üppige orchesterklang. weil homoki zwischendurch auf gag-niveau fällt (uiuiui, ein negerhäuptling…), entwickelt dieser spuk trotzdem nicht den ultimativen sog, sondern bleibt ein weihnachts(grusel)märchen für erwachsene.

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