Sonntag, 19. Februar 2012

MÜNCHEN: SÄTZE WIE GIFTPFEILE

die ältere dame neben mir schläft göttlich und quasi flächendeckend. erstaunlich, weil armin petras´ inszenierung von ibsens „john gabriel borkman“ an den münchner kammerspielen ebenso flächendeckend aufrüttelt und verstört. die bühne ist keine bühne, sondern eine von olaf altmann (den herrn muss man sich merken) gebaute vertikale skulptur an der rampe, mit spitzen kanten, engen gängen, steilen rutschen, wie ein gigantischer blitz, der sich in die tiefe des theaters bohrt. und das schauspiel ist kein schauspiel, sondern eine waghalsige performance am abgrund; in diesem blitzungetüm, durch das immer wieder unmengen von ramschpapieren geblasen werden, hangeln und rangeln sich die borkmans durchs leben oder was davon übrig geblieben ist, hier kauern und kriechen sie und winden sich in ihrem elend. ausgesprochen physisches, teilweise groteskes theater. borkman hat seine bank mit illegalen transaktionen in den ruin und seine familie ins gesellschaftliche abseits getrieben (andré jung wird mit karabinern vor einem weiteren absturz gesichert…). die enttäuschungen und verletzungen sitzen tief bei gemahlin und schwägerin, bei freund und sohn - und mit sätzen, die in dieser hochpräzisen inszenierung wie giftpfeile in die offenen wunden geschossen werden, sorgen alle dafür, dass die qual der anderen keinesfalls kleiner werden möge als die eigene. familie als desaster, familie als horror, nicht enden wollend. viel applaus weckt meine nachbarin.

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