das
cinema teatro von santa teresa ist gross, für ein kleines städtchen sogar sehr
gross. und es ist sehr leer an diesem abend. zunächst sind wir nur vier leute,
beim filmstart dann 17. erstaunlich, denn immerhin wird ein film gezeigt, der
in sardinien spielt, ein bewegender heimatfilm: „accabadora“, der roman von
michela murgia, verfilmt von enrico pau. es ist die geschichte einer frau, tzia
bonaria, die in weiten schwarzen kleidern über die felder in die dörfer zieht, um
menschen den todeskampf zu verkürzen. oft wird sie von familien gerufen, die
sich dann irgendwo ins halbdunkel der häuser zurückziehen, wenn tzia bonaria
das zimmer des hoffnungslos kranken betritt, die türe hinter sich schliesst,
jesus am kreuz gegen die wand dreht und dann ihr handwerk als sterbehelferin
verrichtet. donatella finocchiaro spielt diese frau ganz ergreifend, nicht als
kalten engel, sondern wie eine in sich ruhende priesterin, die überzeugt und
überzeugend eine erlösende zeremonie vollzieht. oft soll dies auch mit wissen
und duldung der katholischen kirche geschehen sein. der film von enrico pau, der nie wertet, hat
einen grossen atem, wie man ihn im kino nur noch selten erlebt: minutenlange
einstellungen, landschaften, lichtspiele, sardische gesänge, stumme gesichter. auf diese weise wird dieser spielfilm zu einer langen, stillen
meditation über unser verhältnis zu leben und tod. accabadoras soll es in
sardinien bis in die fünfziger jahre des letzten jahrhunderts gegeben haben; in
der offiziellen volkskunde allerdings, so verrät der abspann, sind sie bis
heute inexistent. dieser film ist ein intimer blick in eine archaische
vergangenheit.
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