„völlig
verstört torkeln tragik und komik durcheinander. ‚ariadne auf naxos‘ kann man
nicht erklären – man kann sie nur vermeiden!“ so schrieb wolfgang körner 1985
bitterbös in „der einzig wahre opernführer“. er hat die inszenierung von robert
carsen an der bayerischen staatsoper nicht gesehen, der das chaos ordnet und mit
ausgeprägtem sinn für theatereffekte präzis das freilegt, was richard strauss
und hugo von hofmannsthal mit ihrer „ariadne“ 1916 schufen: eine ebenso
beschwingte wie tiefgründige studie über kunst und künstler, über liebe und
leben, über traum und wirklichkeit. die bühne ist im ersten teil (vorspiel im
palais des reichsten wieners) ein nüchterner ballettsaal, im zweiten teil (oper
auf der „wüsten insel“ naxos) ein weiter leerer schwarzer raum: carsen mag
dieses theater im theater, ermöglicht lust- und liebevoll blicke hinter die
kulissen – und vor allem stellt er durch den konsequenten verzicht auf allen
dekorativen bombast immer, immer die menschen und die musik ins zentrum. eine
musik, die seria und buffa geradezu kammermusikalisch verwebt und von kirill
petrenkos junger assistentin oksana lyniv mit phänomenaler zartheit dirigiert
wird. und es ist schlicht hinreissend, wie die von theseus verlassene ariadne
(karita mattila als stimmgewaltige tragödin), die italienische komödiantin zerbinetta
(jane archibald mit grandios verspielten koloraturen) und der komponist (tara
erraught, in ihrer verletzlichkeit berührend) über festklammern und loslassen –
in der kunst, in der liebe – sinnen und singen, sich allein und gemeinsam den
themen treue und vergänglichkeit immer wieder neu nähern und schliesslich darin
kulminieren, dass verlust befreit. glücksmomente. „der einzig wahre opernführer“
muss dringend überarbeitet werden.
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