(kleines jubiläum, dies ist der 500.
post von BRANDER LIVE)
„was willst du? lass mich los.“ alkestis liegt
bereits auf der bahre. sie opfert sich anstelle ihres gatten admetos, der
sterben müsste, weil er artemis ein opfer versagte, aber gerettet werden kann,
wenn er jemanden findet, der für ihn in den tod geht. „was willst du? lass mich
los.“ sie hat sich entschieden,
dem mann zuliebe, für den tod. doch die todgeweihte wird von ihrem gatten bedrängt. er kann nicht loslassen, er will, dass sie lebt,
er hält sie fest, ein bizarrer kampf entwickelt sich auf der bahre, sie spricht griechisch, er spricht deutsch, leben und
tod umgarnen und umarmen sich. mit „alkestis“ hat euripides weder tragödie noch
komödie geschrieben, sondern ein seltsames spiel voller rätsel. in einer
surrealen szenerie mit ballsaal-leuchtern, in farbe getauchten nebelschwaden und
müden fichten findet das griechische regie-duo angeliki papoulia und christos
passalis am luzerner theater poetische, geheimnisvolle und wuchtige bilder zum
abschied von einem geliebten menschen, zu schmerz und wut und verzweiflung. den
höhepunkt bildet die begräbnisprozession, bei der das publikum alkestis‘ gladiolengeschmückten
sarg vor die jesuitenkirche folgt, wo er von einer barke abgeholt wird und zu
melancholischen bläsersätzen reussabwärts entschwindet. nach der pause bringt
halbgott herakles, der alte sauf- und raufbold, alkestis zurück ins leben. da
weicht der bedächtige rhythmus, ein dionysischer spuk entwickelt sich, rote
teppiche werden ausgerollt zwischen den fichten, greek pop dröhnt, masken
fallen. ist sie es wirklich? lebt sie? gibt es die grenzen zwischen leben und
tod nicht mehr? steht hinter jedem tod ein leben, das befreit werden will? totentanz
und lebensfest, das passt bestens zu ostern.
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