Mittwoch, 28. März 2018

MÜNCHEN: TRÜFFEL TRÜFFEL TRÜFFEL

eine riesige pyramide aus falschem gold füllt die bühne, sie steht auf der spitze: es geht in eugène labiches lustspiel „la poudre aux yeux“ darum, wie unmittelbar der soziale aufstieg und der oft weniger soziale abstieg miteinander verknüpft sind („mir ist ganz schwindlig von der gesellschaftlichen höhe, die ich so langsam erreiche“). vor der pyramide, schön aufgereiht, monsieur und madame malingear samt tochter, die verheiratet werden soll, und monsieur und madame ratinois samt sohn, der verheiratet werden soll. in der panik, man könnte als kleinbürger den grossbürgern auf der gegenseite nicht gewachsen sein, gaukeln sich die beiden paare immer neue statusobjekte vor, opern-abo, bedienstete à discretion, trüffel zu jedem gang, die gräfin montefiasco als beste freundin. diese anhäufung sozialer codes inszeniert felix rothenhäusler an den münchner kammerspielen als aberwitziges crescendo: das ensemble bleibt aufgereiht, der text wird zu einer temporeichen partitur und das ganze spiel um falsche fassaden wird mit absurden gesten und mienen auch noch masslos überzeichnet. es ist, erstens, eine wahre lust, den diskurs- und performancegeplagten schauspielerinnen und schauspielern der kammerspiele wieder einmal zuzuschauen, wenn sie das tun, was sie brillant beherrschen, nämlich theaterspielen. und es ist, zweitens, eine wahre lust, wenn ein labiche-lustspiel mal nicht auf drei stunden zerdehnt, sondern auf eine stunde eingedampft wird. ein älterer abonnent beschwert sich vor dem einlass schon mal präventiv, dass er sich so ein kasperltheater angucken muss. kasperltheater für erwachsene immerhin und in der obersten spielklasse. une petitesse charmante.

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