eine
riesige pyramide aus falschem gold füllt die bühne, sie steht auf der spitze:
es geht in eugène labiches lustspiel „la poudre aux yeux“ darum, wie
unmittelbar der soziale aufstieg und der oft weniger soziale abstieg
miteinander verknüpft sind („mir ist ganz schwindlig von der gesellschaftlichen
höhe, die ich so langsam erreiche“). vor der pyramide, schön aufgereiht,
monsieur und madame malingear samt tochter, die verheiratet werden soll, und monsieur
und madame ratinois samt sohn, der verheiratet werden soll. in der panik, man
könnte als kleinbürger den grossbürgern auf der gegenseite nicht gewachsen
sein, gaukeln sich die beiden paare immer neue statusobjekte vor, opern-abo, bedienstete
à discretion, trüffel zu jedem gang, die gräfin montefiasco als beste freundin.
diese anhäufung sozialer codes inszeniert felix rothenhäusler an den münchner
kammerspielen als aberwitziges crescendo: das ensemble bleibt aufgereiht, der
text wird zu einer temporeichen partitur und das ganze spiel um falsche
fassaden wird mit absurden gesten und mienen auch noch masslos überzeichnet. es
ist, erstens, eine wahre lust, den diskurs- und performancegeplagten schauspielerinnen
und schauspielern der kammerspiele wieder einmal zuzuschauen, wenn sie das tun,
was sie brillant beherrschen, nämlich theaterspielen. und es ist, zweitens,
eine wahre lust, wenn ein labiche-lustspiel mal nicht auf drei stunden
zerdehnt, sondern auf eine stunde eingedampft wird. ein älterer abonnent
beschwert sich vor dem einlass schon mal präventiv, dass er sich so ein
kasperltheater angucken muss. kasperltheater für erwachsene immerhin und in der
obersten spielklasse. une petitesse charmante.
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