leichen
werden herbeigeschafft und auf haufen geworfen. immer wieder erhebt sich ein
toter aus den leichenbergen, stellt sich mit flatternden beinen auf die anderen
und denkt laut nach über das töten und die gewalt als mittel zur veränderung.
im hintergrund schaut heiner müller kritisch-distanziert zu, auf einem
bühnenhohen und bühnenbreiten schwarz-weiss-porträt. „wofür sind wir bereit zu
töten? wofür sind wir bereit zu sterben?“ heiner müller erzählt in „mauser“
eine geschichte aus dem russischen bürgerkrieg, als der leiter des
revolutionstribunals von witebsk das töten plötzlich nicht mehr als arbeit,
sondern als lust empfindet und damit für die revolution unbrauchbar wird. zum
müller-text entwickelt der kroatische regisseur oliver frljić im marstall des
münchner residenztheaters mit einer schauspielerin und vier schauspielern eine
bildwuchtige phantasie voller gewaltexzesse und erniedrigungen, unterlegt mal
mit fegigem balkan-brass, mal mit düsteren requiem-sequenzen. teilweise lässt
er die spieler nackt agieren, beim holzhacken zum beispiel und in
interviewszenen, um den terror der gedanken über die körper zu illustrieren und
die verletzlichkeit des individuums in der revolutionären masse. frljićs ansatz
verdeutlicht, wie sehr revolutionen mehr schwierige fragen aufwerfen als
brauchbare antworten liefern. und: dass lehrstücke nicht als politische
pamphlete taugen, sondern allenfalls als spielerischer beitrag zu kontroversen.
am schluss zerschmettert nora buzalka mit dem beil eine heiner-müller-büste aus eis. der
autor nimmt´s gelassen; er tritt aus dem off hinzu und kippt das zerbrochene
eis ins whisky-glas. schon zuvor hatte er den drastischen diskurs wieder auf
normalmass gestutzt: „ich schreibe mehr als ich weiss.“
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