Freitag, 20. Oktober 2017

MÜNCHEN: DIE LUSTIGE WITWE

hitlers lieblingsoperette also. über 30 mal soll er sie sich angeschaut haben. ausgerechnet „die lustige witwe“ eröffnet jetzt das totalsanierte staatstheater am gärtnerplatz, münchens volksoper. intendant josef e. köpplinger verlegt die zickzack-romanze der reichen witwe hanna glawari und des lebenslustigen grafen danilo an den vorabend des ersten weltkriegs. er erfindet den tod als omnipräsente stumme figur dazu, die der tänzer und choreograf adam cooper zur faszinierenden hauptrolle macht: mit kahlem kopf und schwarzem mantel, dezent im hintergrund, elegant im vordergrund, der tod streut rosenblätter, der tod küsst mit, der tod tanzt im drei-viertel-takt den gesellschaftlichen und staatspolitischen abgründen entlang. er führt am schluss die männer in den krieg und nimmt sich die witwe, kein happy-end. so weit, so bitter. daneben allerdings gönnt sich köpplinger reichlich platz für operettenroutine und -kitsch, mit viel tempo und auf höchst professionellem niveau, aber von allem a bisserl zu viel: drehbühne im dauerbetrieb, trockeneisorgien, kostümorgien, champagnerorgien, schlüpfrige pointen. da wünscht man sich dann immer mal wieder den tod herbei, den so stilsicheren. tolles leisten der neue chefdirigent anthony bramall und die neue akustik im orchestergraben: dieser lehár kommt nie klebrig daher, er knistert und funkelt und sprüht. da können die beiden hauptdarsteller camille schnoor (witwe) und daniel prohaska (danilo) mit ihren doch eher durchschnittlichen stimmen nicht immer mithalten, machen das aber mit viel charme wett. apropos charme: hitler, das ist verbürgt, soll zuhause vor dem spiegel selbstverliebt den grafen danilo nachgespielt haben, mit zylinder und johannes-heesters-schal. ach, wäre er doch zur operette.

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