blutrache,
blutrausch, blutbad, blutorgie. der theaterbluttank auf der hinterbühne spielt
eine zentrale rolle, kübelweise wird blut verschüttet und verspritzt, es
trocknet nie während dieser aufführung. 240 liter kommen zum einsatz, macht bei
nur drei schauspielern im schnitt immerhin… - aber lassen wir das. „hamlet“
also. hamlet macht, unmittelbar vor seinem tod, seinen freund horatio zum
chronisten seines lebens: „wenn du mich je in deinem herzen trugst, so atme
schmerzhaft in der rauen welt, um hamlet zu erzählen.“ übers led-schriftband
laufen zu beginn alle rollen, die christopher rüping, hausregisseur der
münchner kammerspiele, gestrichen hat: alle. ausser horatio. dafür beschwören gleich
drei horatios den toten freund und seine traumatische geschichte. katja bürkle, nils
kahnwald (nach einer verletzung im rollstuhl) und walter hess zeigen in einem
furiosen marathon, wie es sich anfühlt, heute hamlet zu erinnern und zu spielen
und ophelia und claudius und laertes. wie es sich anfühlt als junger mann, der
mit seiner welt nicht zurecht kommt, da sie komplex und brutal ist und ihm den vater geraubt hat. im
kapuzenpulli dröhnt sich hamlet den kopf mit dem sound der zeit voll, wenn
horatio ihn spielt oder das ganze horatio-trio. da ist wenig grübeln und viel
verzweiflung und aggression und zerstörungswut. „sein oder nicht sein“ – das
ist für die drei horatios keine frage, sondern eine lästige pflichtübung, da
alles schon gesagt und breitgetreten ist, weshalb sie den monolog dem musiker
christoph hart überlassen, der aus historischen aufnahmen mit grossen
schauspielern eine coole toncollage mit immer härteren beats bastelt. diese
inszenierung wirkt gelegentlich pubertär, aber immer kraftvoll. am schluss
stehen wieder dutzende von eimern auf der bühne, der saft fürs nächste blutbad.
„weiter, weiter“ flimmert über die led-leiste. hamlet 2017, arrogant und
durchgeknallt.
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