Donnerstag, 11. August 2016

LOCARNO: KÖPEK

dieses schlussbild: nacht, eine menschenleere strasse in einem aussenquartier von istanbul, von ampeln hell erleuchtet, auf dem weiss getünchten trottoir eine grosse blutlache, die ein einsamer wachmann mit einem viel zu schwachen wasserstrahl wegspülen und vergessen machen will; auf diese weise wird sie nur noch grösser und schmieriger. so endet „köpek“, das mit dem schweizer filmpreis ausgezeichnete meisterwerk der schweizerisch-türkischen regisseurin esen işık. drei geschichten über die alltägliche gewalt in der türkei: gewalt an einer ehefrau, gewalt an einem transsexuellen, gewalt an und von kindern. „köpek“ (der hund) wurde vor dem türkischen desaster gedreht und gezeigt – und jetzt wieder im rahmen des festivals von locarno. man erlebt diesen film nach dem putsch und den darauf folgenden rückfällen ins vordemokratische zeitalter noch intensiver, noch bedrückender. jedes noch so private bild aus diesen privaten geschichten scheint jetzt noch in eine andere dimension zu weisen, eine politische, eine staatliche – und diese nächtliche blutlache am schluss ist von kaum auszuhaltender symbolik: was bleibt, ist trostlos, ist hoffnungslos, ist ganz und gar ohne leben und ohne zukunft.

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