wie
zement lastet die zukunft auf diesen menschen. bibiana beglau ist dascha
tschumalowa, sebastian blomberg ist gleb tschumalow. ein paar, das durch den bürgerkrieg
drei jahre getrennt war. das paar aus fjodor gladkows revolutionsroman „zement“
von 1926. heiner müller hat ihn zu einer sprachmächtigen tragödie verdichtet, die
selten, aber jetzt seit drei jahren am münchner residenztheater gespielt wird. die
verfallende zementfabrik bildet den dramatischen hintergrund, und ein
koffergrosser zementbrocken ist in dimiter gotscheffs inszenierung das
dominante requisit auf der sonst leeren, schiefen bühne. auch dazu hat heiner
müller einen starken text geschrieben, über das zunehmende gewicht des steins
und die abnehmende arbeitskraft, was hier vom chor aus zementstaubgepuderten
schauspielschülern immer wieder neu reflektiert wird, eine choreografie aus
hoffnung und enttäuschung, revolution und resignation. höhepunkt dieser inszenierung ist die halbe stunde
nach der pause. da sitzen und liegen dascha und gleb allein und verloren auf
der riesigen bühne: er findet sich in einer heimat wieder, die er kaum mehr kennt;
sie hat das zuhause und die familie ihrer revolutionären aufgabe geopfert. beide
versuchen sich zu erklären, ihre visionen und ihre körper kommen sich dabei
zunehmend in die quere, sie fragen, sie antworten, sie verzweifeln, schweiss
und tränen. „ich kann dich nicht aus meinem herzen reissen“, schreit gleb –
aber die gemeinsame sprache, irgendetwas, was von der vergangenheit für die
zukunft bleibt, ist diesem paar abhanden gekommen. beglau und blomberg spielen
diese sequenz überwältigend, ein gigantisches duett der entfremdung. „die
realität ist für diejenigen, die ihre träume nicht aushalten“, stand mal als
jahresmotto auf den postern des residenztheaters; es muss sich auf dieses stück
bezogen haben.
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