riesige
schwarze röhren schweben über der riesigen schwarzen bühne. sie sehen aus wie
überdimensionierte kanonenrohre. und wenn sie sich auf den boden senken,
erinnern sie an kräftige baumstämme oder gefängnisgitter. das bühnenbild, das
florian lösche für rossinis „guillaume tell“ an der bayerischen staatsoper
geschaffen hat, ist ein eigenständiges, abstraktes kunstwerk. hier erzählt
schauspielregisseur antú romero nunes in seiner ersten operninszenierung tells
geschichte: kein bergidyll, keine folklore, kein pathos. die erwartungen des
publikums irritiert er auch, indem er ihm schon mal die bekannte ouverture
vorenthält – und sie erst als soundtrack zum apfelschuss nachliefert, wenn
alpenmonster und kindersoldaten des tell-buben hirn durchzucken und ihn
nachhaltig traumatisieren. michael volle als tell (strickpulli, brille, rote
haare) ist hier nicht der gefeierte freiheitsheld, sondern ein trotziger klein-
und wutbürger, der die welt in gut und böse teilt, der verzweiflung meist näher
als der überlegenheit; ein faszinierendes rollenporträt und eine grosse stimme,
kräftig und warm. daneben yosep kang mit strahlendem tenor und krassimira
stoyanova mit dunklem sopran sehr berührend als obwaldnerisch-habsburgisches
liebespaar arnold/mathilde – und auch alle anderen figuren, bis in die letzte
nebenrolle, sind top-besetzt. mit diesem tollen ensemble schafft dirigent dan
ettinger aus rossinis ernsthaftester oper ein musikalisches stimmungsbild, das
sich mit der intelligenten inszenierung aufs eindrücklichste verbindet.
überwältigender applaus für diesen frischen blick auf die anfänge der schweiz.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen