was
verbindet dostojewski und houellebecq? dostojewskis figuren zweifeln an gott,
an der liebe, am sinn des lebens. houellebecq treibt sein personal eine phase
weiter: kein zweifel, kein gott, keine liebe, kein sinn des lebens. michel zum
beispiel, die autobiografisch grundierte hauptfigur im roman „plattform“,
arbeitet lust- und ziellos im kulturministerium, vögelt ebenso ziellos herum,
leere, absolute leere. mit valérie gründet er eine plattform für sex-tourismus,
doch valérie stirbt kurz darauf in einer bombe muslimischer terroristen. michel
landet beim psychiater. hier setzt stephan kimmigs dramatisierung des romans an
den münchner kammerspielen an, in der klinik. ein raumhoher kubus aus
blendendweissen gazevorhängen und weissen sofas bildet den rahmen, in dem
michel von einer psychiaterin und einem psychiater befragt wird. zum plot des
romans montiert kimmig passagen aus einem gespräch, das star-interviewer andré
müller 2002 mit houellebecq geführt hat („das beste mittel gegen die angst ist
die gleichgültigkeit“). das ergibt zwei dichte, dokumentarische, deprimierende
stunden. steven scharf, wie immer meisterhaft, irrt als mann ohne freude und
ohne perspektiven rastlos in den gazeschleiern umher, verfolgt von einer
videokamera, die seinen leicht verschwitzten und gebeugten körper live und
porentief auf die vorhänge liefert. kein gramm optimismus, nix. man möchte
nicht psychiater sein.
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