der römische kaiser titus betritt die
szene. in einem strahlendweissen brautkleid wirkt er wie ein vitaminarmer,
verzweifelter transvestit. eine szene später gibt er den schwarzgewandeten
fernöstlichen kampfguru. und danach zeigt er sich auch noch als
nickelbebrilltes lateinlehrerchen. aber hallo?! die zahllosen optischen und
dramaturgischen irritationen, mit denen die bulgarische regisseurin vera
nemirova am luzerner theater arbeitet, lassen darauf schliessen, dass sie mit diesem titus und/oder seinem darsteller utku kuzuluk nicht
wirklich klar kommt. zu ihrer entlastung: mozarts stringenteste oper ist „la clemenza
di tito“ tatsächlich nicht; herrschertugenden zu preisen, und das auch noch als
auftragswerk zur krönung eines herrschers, war nicht eben die dankbarste
aufgabe. trotzdem geizt er nicht mit raffinierten emotionalen kulminationspunkten, zu denen frau
nemirova anfangs ein paar soft-erotik-nümmerchen auf dekorativ hingestreuten
roten rosen drappiert: entschieden zu harmlose bilder für einen mörderischen
mix aus intrigen und verschwörungen. erst im zweiten akt, wo zunächst die
gefühle und dann die politische lage definitiv ausser kontrolle geraten, bevor
titus seine milde walten lässt, erst da schafft sie den anschluss an die
intensität der musik: da macht sie aus dem mozart-plot einen richtig guten
luzerner „tatort“, spannend, bewegend, berührend. das, immerhin, schafft nicht
jeder. das luzerner sinfonieorchester unter howard arman liefert dazu einen
soundtrack von geradezu elektrisierender präsenz. und die vielen neuen jungen
stimmen im ensemble machen lust auf mehr.
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