Sonntag, 8. Januar 2012

ZÜRICH: VON GIPFELN UND SÜMPFEN

causa wulff, causa zuppiger, causa blocher/hildebrand – und das schauspielhaus zürich liefert, ebenso zeitnah wie zufällig, das absolut-ultimativ-goldrichtige stück dazu. eine komödie natürlich. eine komödie, die im goldenen dreieck politik/wirtschaft/sumpf spielt. oscar wilde schrieb sie vor über 100 jahren, die geschichte von sir chiltren, der den grundstein zu seiner karriere und seinem vermögen legt, indem er einem börsenhai regierungsgeheimnisse unterjubelt und jahre später mit dieser jugendsünde erpresst wird. „der ideale mann“ heisst das politisch-moralische debakel jetzt, nachdem elfriede jelinek die wildsche satire und situationskomik mit ihrem kalauernden sprachwitz in die heutige zeit überführt hat. regisseurin tina lanik lässt die rundum korrupte truppe in einem toilettenvorraum auftreten („wo das kind endlich beim namen genannt und anschliessend mit dem bad ausgeschüttet werden kann“) und setzt nicht nur auf die gepfefferte sprache, sondern zusätzlich auf vollen körpereinsatz: alle verbiegungen und verrenkungen, die machtmissbrauch und insidergeschäfte erfordern, nötigt sie dem ensemble ab und entwickelt daraus eine immer rasanter drehende slapstick-choreographie über den zweifelhaften weg zum karriere-gipfel, ein irrwitziges intrigen-ballett. dass der hauptdarsteller markus scheumann dem österreichischen skandal-und-glamour-minister karl-heinz grasser wie aus dem gesicht geschnitten ist, entspricht durchaus der intention von frau jelinek. in der vorstellung heute trug er allerdings auch unverkennbar die züge von philipp hildebrand. der ideale mann. honni soit qui mal y pense.

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