Sonntag, 15. Januar 2012

MÜNCHEN: DIE SPRACHE DER GEWALT

seine frau und seine schwägerin und die mutter seines feindes und ein namenloser und seine tochter und die schwester seines feindes. wer bitte debattiert da im parkdeck einer fähre mit wem genau und warum immer gleich so heftig? „atropa, die rache des friedens“ beginnt in den münchner kammerspielen mit einer überforderung: wer den fall trojas und sein personal nicht vorgängig fein säuberlich repetiert hat, sitzt da und staunt, im besten fall. doch dann beginnt sich tom lanoyes stück von den einigermassen unübersichtlich vernetzten figuren zu lösen und zu einer vielschichtigen text-sinfonie über krieg und frieden, täter und opfer zu verdichten. „nicht anders geht’s: das paradox des friedens ist, dass er erobert werden muss. mit kriegsgewalt.“ agamemnons kriegsrhetorik ist unterlegt mit textbausteinen von george w. bush und donald rumsfeld. und auch klytämnestras zentrale klage ist zeitlos: „wie oft hab ich nicht hören müssen, dass ein krieg von kürzrer dauer wäre als ein frühling.“ viele zweifel, viel leid, viel lärm, viel blut – der krieg kennt nicht nur gut und böse. mit einfachen bildern schafft regisseur stephan kimmig eine ausgesprochen differenzierte sicht auf die handelnden und die nicht handelnden: starke männer, schwache frauen, starke frauen, schwache männer.

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