Sonntag, 27. Juli 2025

SALZBURG: ZEUGNIS ABLEGEN UND LIEBEN

die ukraine nicht vergessen, heute nicht, morgen nicht, nie! über krieg und literatur, über das verhältnis von gewalt, leiden und sprache hat sich der ukrainische schriftsteller und musiker serhij zhadan, der freiwillig in der armee dient, gedanken gemacht – in seiner dankesrede anlässlich der verleihung des österreichischen staatspreises für europäische literatur in salzburg (abgedruckt in der aktuellen ausgabe der „wochentaz“). der krieg „ändert das gewicht des lebens, ändert das verständnis von zeit, ändert die grundlegende wahrnehmung der zukunft“.  der krieg habe der sprache – und damit auch der literatur – die leichtigkeit genommen: „wir sprechen heute die sprache von menschen, die unbedingt gehört werden wollen, die sich zu erklären versuchen. dahinter steckt kein übertriebener egozentrismus. wir schreien nicht, um die aufmerksamkeit auf uns zu lenken, (…) wir schreien für jene, die im moment nicht sprechen können, die ihrer stimme beraubt sind, die ihres herzschlags beraubt sind.“ allen grauenvollen erfahrungen zum trotz lässt sich zhadan nicht unterkriegen: „wir versuchen heute nicht nur, die überreste der wirklichkeit zu bewahren, die mit dem beginn des krieges zerbrochen ist. wir versuchen, sie, diese wirklichkeit wieder neu zusammenzusetzen, neu zu starten, neu zu erfinden, neu zu benennen.“ ein funke hoffnung, der sich an einem neuen umgang mit der sprache entzündet, an einem neuen auftrag der literatur: „zeugnis ablegen und lieben. manchmal reicht das aus, um dem bösen zu widerstehen.“ das ist kein kitsch, das ist ein kampf, ein kampf mit worten. es ist an uns, diesen kampf zu unterstützen und die ukraine nicht zu vergessen.

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