Freitag, 22. April 2022

MÜNCHEN: GIER UNTER ULMEN

kühe, getreidefelder, eine blühende farm im idyllischen new england des jahres 1850. das ist die szenerie in eugene o’neills selten gespieltem stück „gier unter ulmen“ (desire under the elms, 1924). nix davon in der inszenierung von evgeny titov am münchner residenztheater. die bühne, die ihm duri bischoff gebaut hat, besteht aus lauter steinbrocken, felsformationen, hohen fensterlosen mauern, alles schwarz verschattet. diese bühne zeigt nicht die heimat der farmerfamilie cabot, sondern ihre seelen: düster, verroht, hart. der vater (oliver stokowski), ein verwitweter patriarch, will seine drei söhne ums erbe bringen, heiratet deshalb die junge abbie (pia händler), die sich als femme fatale erweist, an gier und rücksichtslosigkeit alle anderen noch übertrifft und mit ungebremster sexueller energie den jüngsten sohn eben (noah saavedra) zum erbitterten konkurrenten seines vaters macht. „hier ist nichts menschliches“, sagt eben einmal, jeder ist jedem die hölle. nur einmal taucht ebens verstorbene mutter auf (dora garcidueñas), singend wandelt sie zwischen den felsen, ein zarter moment, vielleicht gab es mal einen hauch von liebe in dieser enge. o’neills grosses vorbild waren die griechischen tragödien, das unterstreicht titovs inszenierung noch: die dreiecksgeschichte zwischen vater, braut und sohn wird aggressiv aufgeladen, das fehlen jeglicher empathie geradezu holzschnittartig ausgestellt. das ist kein schöner blick auf die welt und er tut weh, weil er so zeitlos ist. am schluss liegen drei tote schafe und ein totes kind auf der bühne - und der sheriff, der für gerechtigkeit sorgen würde, taucht nicht auf. den hat die regie gestrichen. 

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