Montag, 6. April 2020

WROCŁAW: JETZT KOMMEN NEUE ZEITEN

das wetter ist in breslau fast sommerlich, die sonne blendet, der himmel ist blau und die luft ist rein. so nimmt es literaturnobelpreisträgerin olga tokarczuk wahr, die zuhause sitzt und die derzeitige isolation nicht bedauert: „ich hatte schon seit längerem zu viel welt um mich herum. zu viel, zu schnell, zu laut“, schreibt sie in ihrem corona-aufsatz in der frankfurter allgemeinen zeitung. ihre introversion habe lange unter dem diktat hyperaktiver extrovertierter gelitten. wie unterschiedlich nehmen introvertierte und extrovertierte diesen ausnahmezustand wahr? wie unterschiedlich wird er sich auf ihre zukunft auswirken? „wir sitzen zu hause, lesen bücher und schauen serien, aber in wirklichkeit bereiten wir uns auf die schlacht um eine neue wirklichkeit vor, die wir uns noch nicht einmal vorstellen können; nur beginnen wir langsam zu begreifen, dass nichts mehr so sein wird, wie es war. (…) jetzt kommen neue zeiten.“ für die grösste niederlage in diesen schlechten zeiten hält tokarczuk die schliessung der staatsgrenzen: „zurückgekehrt sind die alten egoismen und die kategorien ‚eigen‘ und ‚fremd‘.“ ja, jetzt kommen neue zeiten.

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