in den fahl erleuchteten und garstig
möblierten sälen und hallen des círculo de bellas artes in der calle de alcalá
in madrid treffen sich künstlerinnen und künstler, spielen billard, malen
schöne nackte frauen, rauchen und debattieren. ein hässlicher ort, ein
gemütlicher ort. anna viebrock hat christoph marthaler diesen círculo auf die
bühne gebaut für „hoffmanns erzählungen“, erst im teatro real in madrid, jetzt
an der staatsoper stuttgart. einen treffenderen schauplatz kann man sich kaum
vorstellen, so wie marthaler dieses drama des erfolglosen, alternden künstlers
erzählt. im olympia-akt umgibt er ihn noch mit surrealen und extrovertierten
gestalten, frauen mit rauschebärten, kellner mit ganzkörperzuckungen,
rambazamba total. doch die figuren werden zunehmend farb- und die stimmung im
círculo trostloser – bis die verlorenheit dieses vergeblich nach glück und
erfolg suchenden den ganzen raum füllt. marc laho spielt diesen hoffmann mit
geschmeidig hellem tenor und dunklem gemüt, seine erzählungen sind anklage und
hilferuf, doch sie verhallen, derweil das immer spärlicher werdende
marthaler-personal im halbdunkel nur noch redundant rumschlurft und
choreografin altea garrido den saftlosen künstlern fernando pessoas „ultimatum“
entgegenschleudert: „schleicht euch, ameisenhaufen-giganten, ihr von eurer
originalität trunkenen bürgersöhnchen usw. usw.“ weil marthaler sich seit vier
jahrzehnten mit der situation des künstlers auseinandersetzt und dirigent
sylvain cambreling bald ebenso lang mit dieser komplexen (und unfertigen)
partitur offenbachs, ist ein grossartiger abend entstanden, ein abend von
aussergewöhnlicher dichte und berückender tiefe, regietheater im besten sinne.
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