das timing könnte perfekter nicht sein. schnee fällt in der
maximilianstrasse, es ist eisig in der glitzerwelt. und drinnen, in den
münchner kammerspielen an der maximilianstrasse 26, die aus anlass ihres
100-jahr-jubiläums bei elfriede jelinek ein stück über die maximilianstrasse
bestellt haben, werden hundert säcke mit eiskörnern auf die bühne gekippt. die
kristalle schmelzen während der knapp dreistündigen uraufführung, das
edel-blendende weiss endet in matsch und wasserlachen. regisseur johan simons und
seine bühnenbildnerin eva veronica born haben ein imposantes bild gefunden zu
dieser phantasie über schein und sein an der münchner luxus-meile. das
programmheft droht: „129 seiten sprachfläche, fein kommatiert und spärlich
gepunktet, ohne absätze: das stück ist ein monstrum.“ so ist es. frau jelinek
dreht ihre reflexionen über die funkelnden fassaden und die leere der menschen
dahinter durch ihre redundanz-maschine; doch was bei anderen sujets einen
unwiderstehlichen sog entwickelt, endet in „die strasse. die stadt. der
überfall.“ in breiter langeweile. nix neues aus der abteilung
kapitalismus-kritik. zwei schauspieler retten den abend: sandra hüller ist als
prototyp der maximilianstrasse-kundin, die mit borniertheit und botox ihr elend
als zahnarztgattin zu überspielen versucht, schlicht genial. und benny
claessens zerrt, unvermeidlich, den ermordeten münchner modeschöpfer rudolph
moshammer ins leben zurück, lässt ihn herzergreifend um sich selber trauern und
um seinen hund daisy – und ist fest davon überzeugt, dass sein tod auch der tod
der maximilianstrasse war. so sie denn je gelebt hat.
Sonntag, 28. Oktober 2012
Samstag, 27. Oktober 2012
GUILIN: CHINESISCHE VIELFARBENKITSCHORGIE
alles ist in üppigste und grellste farben getaucht: die romantisch übersüsste akrobatik-show in shanghai, das son-et-lumière-spektakel am westsee in hangzhou, die plakate für neue hochhaussiedlungen in xi'an, die samstagabendkiste auf cctv. knallgrün, signalrot, tiefes seelenblau und verführerisches violett - tolle farben, nur: immer von allem und immer von allem zu viel. als westler fühlt man sich nach der berieselung und betrachtung immer leicht klebrig und spürt das dringende bedürfnis, mit einem cognac die kutteln zu spülen. auch der schilfrohrflötenhöhle an einem nebenarm des li-flusses bei guilin, einer ansammlung riesiger tropfstein-kathedralen, bleibt diese handelsübliche permanente farbenorgie nicht erspart. als ich unseren 30jährigen guiliner guide darauf anspreche, ob es denn immer gleich eine überdosis sein müsse, liefert er die absolut überzeugende antwort: "wissen sie, wir hatten viel zu lange viel zu wenig farbe." nachholbedarf einer ganzen nation. ich schaue seither ganz anders auf dieses kitschige farbenmeer. - das wäre jetzt der richtige zeitpunkt für ein china-buntes nachtessen. erste schale: krevetten, mit zwiebelringen und kefen in curry gedünstet. zweite schale: kleine stücke von der pouletbrust in öl gebraten, mit gerösteten erdnüssen, gehacktem chili, frischem koriander und sojasauce; dazu reis. dritte schale (nachspeise): schwarzer reis, in kokosmilch gekocht, mit anis, honig und frischem ingwer nachgewürzt, darauf frische mango-stücke. chinesisch kochen für anfängerinnen.
Montag, 22. Oktober 2012
HANGZHOU: MO WHO?
mo yan also. mo who? als bekannt wird, dass der literatur-nobelpreis dieses jahr dem chinesischen schriftsteller mo yan verliehen wird, bin ich in hangzhou (im westen kennt man diese stadt nicht mal dem namen nach, für die chinesen ist sie das paradies auf erden). ich mache die probe aufs exempel, besuche verschiedene buchhandlungen und erkundige mich nach werken von mo yan. mo who? die verkäuferinnen und verkäufer haben keine ahnung, wer das ist. geschweige denn hätten sie seine bücher in der auslage oder auf lager. schon seltsam: chinesische buchhändler kennen den chinesischen literatur-nobelpreisträger nicht. stolz ist hier niemand auf diesen preis, auch der staat nicht - obwohl mo yan im westen als staatsdichter abgestempelt wird. die offizielle "china daily" schreibt tags darauf, die chinesische literatur habe bedeutend besseres zu bieten und irgendwelche benotungen und befeuerungen aus schweden brauche sie schon gar nicht. eine buchhändlerin löst das problem mit chinesischer eleganz: schon im zweiten satz landet sie bei den e-learning-programmen und bietet mir so was wie "perfekt chinesisch in drei wochen" an. die botschaft ist klar: lerne zuerst chinesisch, bevor du dich nach irgendwelchen unbekannten dichtern erkundigst.
Montag, 1. Oktober 2012
BEIJING: DER WEG ZUM GLÜCK
"wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern." chinesisches sprichwort (in meinen reiseunterlagen) - also!
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