in den
neunziger jahren erhielt der deutsche fotograf thomas struth (*1954) vom
damaligen direktor des kunstmuseums winterthur die einladung, 37 neue zimmer am
dortigen spital mit bildern auszustatten. struth streifte durch die ländliche gegend
um winterthur, fotografierte wege auf hügeln, wege am waldrand, wege durch
wiesen, nicht an grellen sommertagen, sondern wohl eher an milden
frühlingsmorgen, an morgen voller melancholisch-weicher poesie. die
grossformatigen bilder, die gegenüber dem krankenbett installiert wurden,
zeigen die heimat der patientinnen und patienten und vor allem strahlen sie eine grosse ruhe, ja
eine absolute stille aus. übers kopfende des bettes hängte struth jeweils die
nahaufnahme einer pflanze, zart, verletzlich, eine metapher für die situation
des patienten. diese serie mit dem titel „löwenzahnzimmer“ füllt im münchner
haus der kunst jetzt den zwölften und letzten raum der umfassenden struth-schau
„figure ground“. sie zeigt beispielhaft, wie sich dieser künstler als sozialer
künstler versteht, der sich zunächst ausgiebig in eine situation einfühlt, und
sie zeigt, wie er in ganzen werkgruppen denkt und arbeitet. weitere beispiele
in der ausstellung sind familienporträts rund um den globus, high-tech in internationalen
forschungslaboren, menschen in museen, unbewusste strassen in unbewussten orten.
anders als andere mitglieder der berühmten düsseldorfer fotoschule bearbeitet thomas
struth sein material nicht digital, die wirkung geht so ganz vom moment der
aufnahme aus, vom unmittelbaren. bewegung in die oft ausgesprochen statischen
bilder bringt die betrachterin und der betrachter. der fotograf macht sie zu
komplizen.
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