Freitag, 18. August 2017

MÜNCHEN: THOMAS STRUTH, FIGURE GROUND

in den neunziger jahren erhielt der deutsche fotograf thomas struth (*1954) vom damaligen direktor des kunstmuseums winterthur die einladung, 37 neue zimmer am dortigen spital mit bildern auszustatten. struth streifte durch die ländliche gegend um winterthur, fotografierte wege auf hügeln, wege am waldrand, wege durch wiesen, nicht an grellen sommertagen, sondern wohl eher an milden frühlingsmorgen, an morgen voller melancholisch-weicher poesie. die grossformatigen bilder, die gegenüber dem krankenbett installiert wurden, zeigen die heimat der patientinnen und patienten und vor allem strahlen sie eine grosse ruhe, ja eine absolute stille aus. übers kopfende des bettes hängte struth jeweils die nahaufnahme einer pflanze, zart, verletzlich, eine metapher für die situation des patienten. diese serie mit dem titel „löwenzahnzimmer“ füllt im münchner haus der kunst jetzt den zwölften und letzten raum der umfassenden struth-schau „figure ground“. sie zeigt beispielhaft, wie sich dieser künstler als sozialer künstler versteht, der sich zunächst ausgiebig in eine situation einfühlt, und sie zeigt, wie er in ganzen werkgruppen denkt und arbeitet. weitere beispiele in der ausstellung sind familienporträts rund um den globus, high-tech in internationalen forschungslaboren, menschen in museen, unbewusste strassen in unbewussten orten. anders als andere mitglieder der berühmten düsseldorfer fotoschule bearbeitet thomas struth sein material nicht digital, die wirkung geht so ganz vom moment der aufnahme aus, vom unmittelbaren. bewegung in die oft ausgesprochen statischen bilder bringt die betrachterin und der betrachter. der fotograf macht sie zu komplizen.

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