Mittwoch, 23. Mai 2018

ZÜRICH: SWEATSHOP - DEADLY FASHION

sie sprechen in hashtags und in einem höllentempo – und eigentlich müssten sie für alle ü50 untertitelt werden, vielleicht sogar für alle ü30: auf den catwalk, der von der bühne des zürcher schauspielhauses in den zuschauerraum ragt, schmeissen zwei girls und ein boy vom jungen theater basel eine rasante performance, perfekt choreografiert, zwischen slam und slang pendelnd und ganz in weiss sind sie models, fashion victims und trendblogger in einem. die autoren güzin kar und lucien haug und regisseur sebastian nübling liessen sich von der norwegischen webserie „sweatshop – deadly fashion“ zu einem kurzweilig-kritischen abend über den modeirrsinn inspirieren. das hat drive und politischen zündstoff. die fakten werden nicht wikipediamässig heruntergebetet, sondern von einem bleichen blonden mädchen-monster wie giftpfeile abgeschossen, fakten als vorwürfe: „von einem t-shirt, das bei uns 30 franken kostet, bekommt die näherin 18 rappen.“ sie wiederholt es immer wieder und immer giftiger. die erkundungen der drei basler jugendlichen in der welt der fast fashion geraten zunehmend zu einem horrortrip zwischen it-girls und gorillas, wo die slogans der coolen labels plötzlich nicht mehr nach selbstverwirklichung und paradies klingen, sondern zunehmend bedrohlich: die homo-zalando-show wird unvermittelt zum werbespot für die konzernverantwortungsinitiative. das ende ganz still, fast intim: eine junge vietnamesin, die als kind von schweizern adoptiert wurde und an der goldküste lebt, sitzt an einer nähmaschine und berichtet vom besuch bei ihrer schwester, die sie erst spät kennenlernte und die in der heimat als näherin arbeitet, unter übelsten bedingungen. das ist kein theater mehr, das ist echt. im publikum sehr viele jugendliche; sie werden auch heute wieder kleider kaufen, sie werden sie mit anderen augen kaufen.

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