„die
zeit“ widmet ihm das gesamte dossier ihrer osterausgabe („bach? meer sollte er
heissen“). ob man in einer deutschen wochenzeitung 2018 oder in gerhart von
westermans grossem „konzertführer“ von 1963 liest, man wird überhäuft mit seltsam
schwärmerischen, geradezu religiös verklärten tönen: die matthäus-passion? das
grösste! – rückblende, um ungefähr 50 jahre: mit den eltern in der kirche st.
anton, luzern, karfreitag um 15 uhr, die passion, jeden (!) karfreitag
zweieinhalb stunden bach, für ein kind eine ziemliche herausforderung. nicht
die musik hat sich mir damals eingeprägt, sondern wie theatralisch pfarrer paul
deschler (tenor) und der junge musikstudent und spätere opernsänger alfred muff
(bass) diese musik vortrugen – und dann diese donnerchöre und diese
dramatischen wortfetzen: „eröffne den feurigen abgrund, o hölle“, „gotteslästerung“,
„…und erhängte sich selbst“, „eli, eli, lama asabthani? (mein gott, mein gott,
warum hast du mich verlassen?)“. die passion am karfreitag war mein regelmässiges
live-schauermärchen, bilder der erregung und des untergangs. dann machte ich, über die gründe meditiere ich nach wie vor, einen bogen um bach. und jetzt, die
matthäus-passion in der philharmonie im gasteig in münchen: enoch zu guttenberg
dirigiert sein orchester und seinen chor und sechs hervorragende solisten
(darunter, für die tenor-arien, der luzerner mauro peter). zum ersten mal bin
ich ergriffen vom ganzen reichtum dieses riesenwerks, zum ersten mal höre ich
neben den dramatischen auch die lyrischen sequenzen ganz bewusst, zum ersten
mal erschliessen sich mir so neben dem schmerz und der verzweiflung auch
versöhnung und trost dieser passion. eine karfreitags-erweckung.
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