adam
hat heinrich von kleist seinen huisumer dorfrichter genannt, der des nachts ein
verlobtes mädchen in dessen kammer belästigt, dabei einen wertvollen krug
wertlos macht und deshalb des darauffolgenden tags vor gericht in eigener sache
verhandeln muss. adam, der sündige mensch. diese geradezu unkleistsche
holzhammer-symbolik hätten wir auch verstanden, wenn barbara frey in ihrer
inszenierung am schauspielhaus zürich den kerl zu beginn nicht im adamskostüm herumhüpfen
liesse. ob ohne kleider oder mit, markus scheumann ist als sich immer mehr in
seinen lügengeschichten verheddernder richter fabelhaft. seine widerlichen und
seine sympathischen züge vereint er subtil zu einer art landtheater für
fortgeschrittene. dass auch kleine nebenrollen mit spitzeleuten besetzt sind
(beispielsweise das marthaler-urvieh graham valentine als zeugin brigitte, die
nächtens nicht den richter, sondern den leibhaftigen höchstpersönlich gesehen
haben will) mehrt den spass noch erheblich. da sitzt alles: verstohlene blicke,
feinste gesten, spannungsgeladene pausen machen diesen elegant-altertümlichen
text zu einem zeitlosen vergnügen – und einem durchaus hintersinnigen. wie sagt
der kleist-biograf günter blamberger im programmheft so schön: „am ende des
stücks ist jedes vertrauen in die obrigkeit erschüttert.“ entsprechend
verzichtet barbara frey auf das happy-end, kein trost, nirgends. als szenerie
hat ihr muriel gerstner eine art peepshow-karussell gebaut, das mit seinen düsteren
holzwänden und weiten schattenwürfen an den flämischen kupferstich von 1782
erinnert („der richter oder der zerbrochne krug“), der kleist und seine
kollegen zum dichterwettstreit animierte und bei dem der schwermütige kleist
vor allem beweisen wollte, dass es ihm an talent zur komik keineswegs mangle.
was er hinlegte, wurde dann immerhin die meistgespielte deutsche komödie.
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