Montag, 22. Januar 2018

MÜNCHEN: AMÉRICA

kyra menaker-mossbacher ist immobilienmaklerin in den hügeln hinter l.a., die blonde mähne immer perfekt frisiert, der überschlanke körper immer in einem pastellfarbigen deux-pièces; ihre hunde und katzen und die hunde und katzen ihrer kunden sind ihr wichtiger als die menschen um sie herum, seien es amerikanische eingeborene oder mexikanische einwanderer. weil kojoten ihre haustiere killen, entwickelt kyra eine absurde wut und hält dann kojoten für mexikaner oder mexikaner für kojoten. diese kyra ist eine paraderolle für wiebke puls, sie packt dieses ganze hysterische amerika, das sich aufgrund eingebildeter bedrohungen in irreale ängste hineinsteigert, in diese eine person. ihre nachbarn sind subtil rassistische säcke, sie grillen würstchen und die ganze weltpolitik gleich mit (peter brombacher, stefan merki und jochen noch haben das erschreckend gut drauf). und natürlich wollen sie, dass um ihre villensiedlung eine mauer gebaut wird. eine mauer! t.c. boyle schrieb seinen roman „américa“ 22 jahre bevor trump präsident spielte. und die münchner kammerspiele setzten ihn auf ihr programm noch bevor seine kandidatur feststand. regisseur stefan pucher reagiert mit knalligen klischees auf den umstand, dass die realität die üble phantasie längst überholt hat: die usa als schäbige show zwischen shopping-malls und swimming-pools. die abgründe sind überall und keiner will sie sehen. der parallel laufenden zarten liebesgeschichte von américa und cándido, zwei illegalen, aber harmlosen einwanderern, die im land ihrer träume grund- und endlos gedemütigt werden, widmet pucher die feinen momente: spanisch, englisch und deutsch entwickeln sylvana seddig und gonzalo cunill in einer wild gewordenen welt eine rauhe poesie. die grenze zu mexiko hiess früher übrigens – wie boyles roman im original – „the tortilla curtain“. das waren noch zeiten.

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