gibt
es eine ursprüngliche sprache, die verschiedenen kulturen und zivilisationen
gemein ist? diese frage beschäftigt den 67jährigen deutschen künstler wolfgang
laib seit seiner jugend. wenn die grosse laib-ausstellung im museo d’arte della
svizzera italiana in lugano eine antwort auf diese frage ist, dann bewegt sich
so eine ur-sprache im grenzgebiet zwischen natur und spiritualität. laib
studierte ursprünglich medizin und schrieb seine doktorarbeit über die
trinkwasserhygiene in der region nördlich der indischen stadt madurai.
enttäuscht von der vom gewinnstreben geprägten westlichen medizin wandte er
sich dann früh ab und beschäftigte sich mit antroposophischen grundfragen – und
in der folge, als künstler, mit einfachsten materialien: blütenstaub, reis,
milch, bienenwachs sind zentrale elemente seiner plastiken und installationen.
immer wieder blütenstaub. „zeit war und ist ein zentraler knotenpunkt in meiner
arbeit und in meinem leben. blütenstaub zu sammeln bedeutet, für tage, wochen,
monate auf einer wiese zu sitzen … und, nach einem monat hat man ein gläschen
voll blütenstaub.“ das herz der ausstellung in lugano ist ein würfelartiger
mildgrauer raum, in dessen mitte auf dem boden ein grosses quadrat aus
blütenstaub von kiefern hellgelb leuchtet. unfassbar schlicht, unfassbar schön,
eine einladung zur meditation. das publikum setzt sich diesem sinnlichen sog
sichtlich gern aus. und wenn in einer anderen ecke reis in einer messingschale
je nach perspektive wie ein kleines häufchen oder wie ein unüberwindbarer berg erscheint,
dann sind wir dabei mit seele und laib: poesie nicht als selbstzweck, sondern
als ausgangspunkt für eine tiefgründige reflexion der realitäten und
relationen.
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