ganz
eng stecken cio-cio-san und ihre bedienstete suzuki die köpfe zusammen und
blicken in die ferne, weit hinaus aufs meer. „un bel dì, vedremo“ singt
cio-cio-san, die grandios-anrührende arie einer verzehrenden leidenschaft:
eines tages wird das schiff kommen, das ihr den geliebten amerikaner
zurückbringt. auch nach drei jahren hat sie die hoffnung nicht aufgegeben. fast
scheint auch suzuki daran zu glauben, doch dann erstarrt sie, fixiert nicht
mehr das meer, sondern ihre herrin, und erschrickt, wie sehr diese in ihrer
sehnsucht gefangen bleibt. nein, dieses glück kehrt nicht zurück, nein, du
musst nicht weiter die wellen beschwören. zwei frauen, zwei intuitionen. der
spanische regisseur alex rigola und die japanische multimediakünstlerin mariko
mori erzählen puccinis „madama butterfly“ am teatro la fenice in venedig als
präzise personenstudie, grosse oper in nahaufnahme. nicht der in vielen
inszenierungen optisch bis zum überdruss ausgereizte kontrast zwischen ost und
west, zwischen japanischer folklore und amerikanischem patriotismus steht hier
im zentrum (die geisha, die vom präpotenten kolonialherr geschwängert und fallengelassen wird),
sondern eine zeitlose geschichte von ausbeutern und ausgebeuteten, von wahrer und von falscher liebe. eine
praktisch leere weite weisse bühne, die nur in unterschiedliches licht getaucht
wird, unterstreicht diese zeitlosigkeit zusätzlich. das regieteam tappt dann
allerdings zwei, drei mal doch in die kitschfalle, mit silberkonfettiregen und
schmetterlingsvideos. schade, denn die von daniele callegari schwärmerisch
dirigierten melodien puccinis hätten ihre wirkung auch so nicht verfehlt. und serena
farnocchia ist mit ihrer stimmlichen und darstellerischen präsenz eine
hinreissende besetzung für diese zwischen äusserster verzückung und tiefster verzweiflung flatternde
butterfly.
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