Donnerstag, 21. September 2017

VENEZIA: MADAMA BUTTERFLY

ganz eng stecken cio-cio-san und ihre bedienstete suzuki die köpfe zusammen und blicken in die ferne, weit hinaus aufs meer. „un bel dì, vedremo“ singt cio-cio-san, die grandios-anrührende arie einer verzehrenden leidenschaft: eines tages wird das schiff kommen, das ihr den geliebten amerikaner zurückbringt. auch nach drei jahren hat sie die hoffnung nicht aufgegeben. fast scheint auch suzuki daran zu glauben, doch dann erstarrt sie, fixiert nicht mehr das meer, sondern ihre herrin, und erschrickt, wie sehr diese in ihrer sehnsucht gefangen bleibt. nein, dieses glück kehrt nicht zurück, nein, du musst nicht weiter die wellen beschwören. zwei frauen, zwei intuitionen. der spanische regisseur alex rigola und die japanische multimediakünstlerin mariko mori erzählen puccinis „madama butterfly“ am teatro la fenice in venedig als präzise personenstudie, grosse oper in nahaufnahme. nicht der in vielen inszenierungen optisch bis zum überdruss ausgereizte kontrast zwischen ost und west, zwischen japanischer folklore und amerikanischem patriotismus steht hier im zentrum (die geisha, die vom präpotenten kolonialherr geschwängert und fallengelassen wird), sondern eine zeitlose geschichte von ausbeutern und ausgebeuteten, von wahrer und von falscher liebe. eine praktisch leere weite weisse bühne, die nur in unterschiedliches licht getaucht wird, unterstreicht diese zeitlosigkeit zusätzlich. das regieteam tappt dann allerdings zwei, drei mal doch in die kitschfalle, mit silberkonfettiregen und schmetterlingsvideos. schade, denn die von daniele callegari schwärmerisch dirigierten melodien puccinis hätten ihre wirkung auch so nicht verfehlt. und serena farnocchia ist mit ihrer stimmlichen und darstellerischen präsenz eine hinreissende besetzung für diese zwischen äusserster verzückung und tiefster verzweiflung flatternde butterfly.

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