Donnerstag, 27. Juli 2017

ROMA: NABUCCO, OUTDOOR

erst mussten die zahllosen prostituierten weg. als in den fünfziger jahren die tradition der opernaufführungen in den ruinen der caracalla-thermen ihren anfang nahm, wurden jeweils am nachmittag alle prostituierten vom riesigen areal beim circo massimo vertrieben. auf dass der kulturgenuss der römer society ungetrübt sei. und die flugzeuge flogen ciampino an diesen abenden von süden an, um die klassische musik nicht zu stören. tempi passati. geblieben ist das sommerliche festival, geblieben ist die grandiose kulisse. federico grazzini nimmt die wuchtigen ruinen zum ausgangspunkt seiner „nabucco“-inszenierung, er ergänzt sie im vordergrund mit resten eines zerbombten bunkers: in diesem umfeld von terror und zerstörung erzählt er die geschichte der hebräer zeitlos und ewiggültig - als trauma eines volkes, das auf der flucht ist vor herrschern, die ihre macht missbrauchen, eines volkes, das sich nach freiheit sehnt und einer neuen zukunft. es sind bilder, wie wir sie aus syrien, aus afghanistan, aus afrika kennen. und von der balkanroute und der italienischen südküste. sie wirken umso beklemmender, weil dirigent roberto rizzi brignoli der versuchung widersteht, einfach auf die süffigen effekte und die publikumswirksamen hits von verdis musik zu setzen, sondern mit dem orchestra del teatro dell’opera di roma vor allem den menschlichen regungen, abgründen und hoffnungen in diesen melodien nachspürt, vielschichtig und präzis. auch die solisten, allen voran csilla boross als abigaille und gevorg hakobyan als nabucco, ziehen charakterporträts der grossen opernpose vor. ein rundum geglückter abend also, der beweist, dass man eine oper auch auf einer riesigen bühne und vor 3500 zuschauerinnen und zuschauern anrührend aufführen kann, fern aller diven-gesten.

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