erst
mussten die zahllosen prostituierten weg. als in den fünfziger jahren die
tradition der opernaufführungen in den ruinen der caracalla-thermen ihren
anfang nahm, wurden jeweils am nachmittag alle prostituierten vom riesigen areal
beim circo massimo vertrieben. auf dass der kulturgenuss der römer society
ungetrübt sei. und die flugzeuge flogen ciampino an diesen abenden von süden an,
um die klassische musik nicht zu stören. tempi passati. geblieben ist das
sommerliche festival, geblieben ist die grandiose kulisse. federico grazzini
nimmt die wuchtigen ruinen zum ausgangspunkt seiner „nabucco“-inszenierung, er
ergänzt sie im vordergrund mit resten eines zerbombten bunkers: in diesem
umfeld von terror und zerstörung erzählt er die geschichte der hebräer zeitlos
und ewiggültig - als trauma eines volkes, das auf der flucht ist vor
herrschern, die ihre macht missbrauchen, eines volkes, das sich nach freiheit
sehnt und einer neuen zukunft. es sind bilder, wie wir sie aus syrien, aus
afghanistan, aus afrika kennen. und von der balkanroute und der italienischen
südküste. sie wirken umso beklemmender, weil dirigent roberto rizzi brignoli
der versuchung widersteht, einfach auf die süffigen effekte und die publikumswirksamen
hits von verdis musik zu setzen, sondern mit dem orchestra del teatro
dell’opera di roma vor allem den menschlichen regungen, abgründen und
hoffnungen in diesen melodien nachspürt, vielschichtig und präzis. auch die
solisten, allen voran csilla boross als abigaille und gevorg hakobyan als
nabucco, ziehen charakterporträts der grossen opernpose vor. ein rundum
geglückter abend also, der beweist, dass man eine oper auch auf einer riesigen
bühne und vor 3500 zuschauerinnen und zuschauern anrührend aufführen kann, fern aller
diven-gesten.
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