Freitag, 28. Juli 2017

MÜNCHEN: TIEFER SCHWEB

mit marthaler-inszenierungen verhält es sich wie mit freitag-taschen: alles schon gesehen, alles schon gehabt, es gibt immer wieder neue und sie gleichen immer wieder den alten. more of the same. jetzt also "tiefer schweb“ an den münchner kammerspielen. der tiefe schweb ist die tiefste stelle des bodensees, 251 meter unter der oberfläche; hier trifft sich der nationale sicherheitsrat der vereinigten bodenseeverwaltung in der klausurdruckkammer 55b, die bei marthaler – natürlich – mit schwerer eiche getäfelt und mit einem stolzen kachelofen bestückt ist. die acht mitglieder treffen sich, um… ja um was eigentlich? um über die zukunft der über ihnen in schiffen parkierten „menschen mit temporärheimat“ und ihre nebenwirkungen zu beraten. sie machen das an ihrem sitzungstisch wie die garstigsten vereinsmeier, singen dazu unvermittelt liedli der geschwister schmid und bach-kantaten, also ziemlich alles, was nicht zusammengehört. ueli jäggi und walter hess (das ensemble wird je hälftig von den kammerspielen und der marthaler-familie gestellt) diskutieren am pissbecken nicht-könnend über das nicht-wollen im sinne heideggers, hassan akkouch muss als bajuwarisierter libanese fehlerfrei sämtliche zutaten der weisswurst aufzählen und zeigt dann auch gleich noch die artverwandtschaft von schuhplattler und breakdance, annette paulmann gibt grossartig selbstverliebt die „fischerin vom bodensee“ – und als ob das alles nicht reichen würde, geraten die jungs mit drei hammondorgeln auch noch ganz übel ins simonandgarfunkeln. das ganze ist nicht der ultimative beitrag zur lösung der migrationskrise, aber eine bitterböse persiflage auf all jene behörden, die auch nicht können und/oder nicht wollen. ein bunter abend mit, jawohl, tiefgang (251 meter). irgendwie passt halt in so eine marthaler-inszenierung einfach doch mehr hinein als in eine freitag-tasche. und jeder redundanz-fetischist wird sich auch die nächste wieder angucken.

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