Sonntag, 30. Juli 2017

INGOLSTADT: DAS AUDI-REQUIEM

er sei „der derzeit radikal beste mozart-dirigent“, liest man am vormittag in der „süddeutschen zeitung“,  in einer geradezu euphorischen besprechung seiner „tito“-première bei den salzburger festspielen. am abend erlebt man, entsprechend konditioniert und gespannt, diesen teodor currentzis dann live, mit mozarts requiem in ingolstadt. der magere, bleiche grieche trägt ein freifallendes schwarzes hemd mit stehkragen und eine hautenge schwarze hose. dieses eher atypische outfit unterstützt die dynamik seines dirigats und unterstreicht sein showtalent und seinen spirituellen zugang zum werk gleichermassen. und tatsächlich: so hat man mozarts requiem noch nie gehört. mit ungewohnten tempi, ungewohnten pausen, ungewohnten akzenten – so frisch, so aufgekratzt, so zornig und so innig. die mitglieder von currentzis´ musicaeterna-orchester und –chor aus dem russischen perm dürften im schnitt exakt so alt, resp. so jung sein wie mozart, als er diese musik kurz vor seinem tod komponierte. das gleiche gilt für die vier solisten, darunter – hingebungsvoll und sphärisch – der luzerner mauro peter (vom programmheft als „shootingstar unter den jungen tenören“ gefeiert). die durchgehende jugendlichkeit dieses ensembles schafft phänomenale klanggebilde, ein vom ersten bis zum letzten takt aufwühlendes mozart-erlebnis. nicht enden wollender beifall. dass sich der audi-konzern, der gerade mit beiden beinen tief im diesel-morast steckt, für den abschluss seiner traditionellen ingolstädter sommerkonzerte ausgerechnet ein requiem aussuchte, ist eine andere geschichte.

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