Dienstag, 16. Mai 2017

MILANO: SANTIAGO SIERRA

provocation on tour. unter dem titel „mea culpa“ zeigt jetzt auch das museo pac (padiglione d’arte contemporanea) in mailand eine grosse retrospektive über das werk des begnadeten provokateurs santiago sierra. der spanische künstler ist einer, der sich am elend der welt abarbeitet und mit seinen harten und brutalen bildern, videos, skulpturen und performances um die welt tourt. jetzt also mailand. sierra will hier wie überall die unsichtbaren skandale ans licht bringen. die ausstellung ist in erster linie eine dokumentation seiner spektakulären aktionen: mit den beiden buchstaben „no“ in form einer drei meter hohen skulptur fuhr er durch die wall street, nach washington und zum papst; in neu-delhi trocknete er von ausgebeuteten latrinenarbeitern eingesammelte fäkalien in der sonne und formte sie mit bindemittel zu quadern, die an särge erinnern; er sperrte menschen gegen bezahlung in kartons oder liess sie vor der kamera masturbieren. „meine arbeit ergreift partei für das vom kapitalismus zerstörte leben.“ er wolle in seinen werken die realität abbilden, nicht seine wünsche. das stimmt nicht ganz. eines der grossen werke in mailand („parola distrutta/destroyed word“) zeigt auf zehn raumhohen, hochformatigen bildschirmen die zehn ebenfalls raumhohen buchstaben von „kapitalism“ und wie sie liquidiert werden: zwei schwarze zerhacken mit beilen das i, das a wird mit maschinenpistolen durchlöchert, schweine fressen das s auf, kapitalismus am ende. oder doch nur hilflose versuche? diese kunst schüttelt durch und rüttelt auf. nachhaltig. man gönnt sich danach nicht gleich den nächsten campari.

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