provocation
on tour. unter dem titel „mea culpa“ zeigt jetzt auch das museo pac (padiglione
d’arte contemporanea) in mailand eine grosse retrospektive über das werk des
begnadeten provokateurs santiago sierra. der spanische künstler ist einer, der
sich am elend der welt abarbeitet und mit seinen harten und brutalen bildern,
videos, skulpturen und performances um die welt tourt. jetzt also mailand.
sierra will hier wie überall die unsichtbaren skandale ans licht bringen. die
ausstellung ist in erster linie eine dokumentation seiner spektakulären
aktionen: mit den beiden buchstaben „no“ in form einer drei meter hohen skulptur
fuhr er durch die wall street, nach washington und zum papst; in neu-delhi
trocknete er von ausgebeuteten latrinenarbeitern eingesammelte fäkalien in der
sonne und formte sie mit bindemittel zu quadern, die an särge erinnern; er
sperrte menschen gegen bezahlung in kartons oder liess sie vor der kamera
masturbieren. „meine arbeit ergreift partei für das vom kapitalismus zerstörte
leben.“ er wolle in seinen werken die realität abbilden, nicht seine wünsche.
das stimmt nicht ganz. eines der grossen werke in mailand („parola distrutta/destroyed
word“) zeigt auf zehn raumhohen, hochformatigen bildschirmen die zehn ebenfalls
raumhohen buchstaben von „kapitalism“ und wie sie liquidiert werden: zwei
schwarze zerhacken mit beilen das i, das a wird mit maschinenpistolen
durchlöchert, schweine fressen das s auf, kapitalismus am ende. oder doch nur
hilflose versuche? diese kunst schüttelt durch und rüttelt auf. nachhaltig. man
gönnt sich danach nicht gleich den nächsten campari.
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