ehekrise
bei barak. der färber in seiner einfachen hütte will kinder, viele, seine frau
weigert sich, bloss gebärmaschine zu sein. derweil singt der chor der
stadtwächter im off ein loblied auf die liebe und aus der geisterwelt steigen
die ebenfalls kinderlose kaiserin und ihre amme herab, um von der färberin den
schatten, also die gebärfähigkeit, zu erdealen. nanu? ein spuk? ein märchen?
eine hymne auf die ehe? futter für feministinnen? ja, alles! und deshalb ist „die
frau ohne schatten“ von richard strauss und hugo von hofmannsthal für jeden
regisseur eine herausforderung. andreas kriegenburg versucht an der hamburger
staatsoper gar nicht erst, die widersprüche und absurditäten der geschichte zu
klären oder zu glätten, sondern liefert das volle programm als monströsen
albtraum der färberin: zwischen bühnenhohen mikadostäben und wendeltreppen, die
immer wieder in die höhe und in die tiefe fahren, trifft sie auf farbige
fabeltiere, auf ungeborene und eurythmie-schleier schwingende geschlechtslose genauso wie
auf garstige irrenhaus-schwestern und dumpfe schläger. strauss‘ musik deckt von der spätromantik bis zu den grenzen der tonalität alles ab und wie diese musik
pendelt auch die von asiatischen theaterformen
inspirierte inszenierung zwischen tiefen humanistischen momenten und
ungebremstem kitsch. auch der strauss-aficionado entdeckt in diesem reichen,
vielschichtigen werk immer wieder neues, vor allem, wenn es so elegant und
transparent dirigiert wird wie von axel kober, der kurzfristig für kent nagano
einspringen musste. immerhin stand ihm eine top-besetzung zur verfügung, allen voran
andrzej dobber als barak und lise lindstrom als seine frau – ein darstellerisch differenziertes und vokal herausragendes paar, dem man selbst bei der
ehekrise gerne zuschaut und –hört.
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