Sonntag, 30. April 2017

HAMBURG: DIE FRAU OHNE SCHATTEN

ehekrise bei barak. der färber in seiner einfachen hütte will kinder, viele, seine frau weigert sich, bloss gebärmaschine zu sein. derweil singt der chor der stadtwächter im off ein loblied auf die liebe und aus der geisterwelt steigen die ebenfalls kinderlose kaiserin und ihre amme herab, um von der färberin den schatten, also die gebärfähigkeit, zu erdealen. nanu? ein spuk? ein märchen? eine hymne auf die ehe? futter für feministinnen? ja, alles! und deshalb ist „die frau ohne schatten“ von richard strauss und hugo von hofmannsthal für jeden regisseur eine herausforderung. andreas kriegenburg versucht an der hamburger staatsoper gar nicht erst, die widersprüche und absurditäten der geschichte zu klären oder zu glätten, sondern liefert das volle programm als monströsen albtraum der färberin: zwischen bühnenhohen mikadostäben und wendeltreppen, die immer wieder in die höhe und in die tiefe fahren, trifft sie auf farbige fabeltiere, auf ungeborene und eurythmie-schleier schwingende geschlechtslose genauso wie auf garstige irrenhaus-schwestern und dumpfe schläger. strauss‘ musik deckt von der spätromantik bis zu den grenzen der tonalität alles ab und wie diese musik pendelt auch die von asiatischen theaterformen inspirierte inszenierung zwischen tiefen humanistischen momenten und ungebremstem kitsch. auch der strauss-aficionado entdeckt in diesem reichen, vielschichtigen werk immer wieder neues, vor allem, wenn es so elegant und transparent dirigiert wird wie von axel kober, der kurzfristig für kent nagano einspringen musste. immerhin stand ihm eine top-besetzung zur verfügung, allen voran andrzej dobber als barak und lise lindstrom als seine frau – ein darstellerisch differenziertes und vokal herausragendes paar, dem man selbst bei der ehekrise gerne zuschaut und –hört.

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