Sonntag, 19. März 2017

MÜNCHEN: TAGE DER DUNKELHEIT

ein grauenvoller, herzzerreissender schrei beendet die „tage der dunkelheit“ am münchner volkstheater. es ist der schrei von ghandari. der schrei einer mutter. vor ihr, zwischen zwei wie vom blitz gespaltenen riesigen metallplatten, die auf der kleinen bühne das schlachtfeld bilden, liegt ihr ältester sohn duryodhana, mit zerschmetterten lenden, sterbend. im letzten quälenden schmerz stammelt er noch: „das ist die folge unersättlicher gier.“ die blutgetränkte rivalität der kauravas und der pandavas, eine episode nur im unerschöpflichen mahabharata, veranlasste den indischen dramatiker bhasa im 5.jahrhundert zu einem einakter, den der junge indische regisseur sankar venkateswaran am volkstheater mit einer schauspielerin und fünf schauspielern als mehrstimmiges klagelied inszeniert. ist es möglich, den ozean von blut zu überwinden? sie beklagen die rache und die regelverstösse, sie beklagen die schlachten und die parteilichkeit des gottes krishna. sie beklagen das alles, ohne ihm entrinnen zu können. gerade mal 50 minuten dauert das stück und wirkt doch in seiner dramatischen und politischen wucht wie ein abendfüllendes epos. in wechselnden rollen sind die jungen männer handelnde und beobachtende, mal haben sie wie gierige tiger das feuer der kämpfer in den augen, mal die tränen der opfer. durch die von den - sichtlich mitgenommenen - jungs mit gewalt geladene atmosphäre irrlichtert ghandari, die mutter, wie eine blinde seherin, wie eine braut des todes: „was übrig blieb, war krieg. seit siebzehn tagen tobt der kampf. heute ist der achtzehnte.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen