ein
grauenvoller, herzzerreissender schrei beendet die „tage der dunkelheit“ am
münchner volkstheater. es ist der schrei von ghandari. der schrei einer mutter.
vor ihr, zwischen zwei wie vom blitz gespaltenen riesigen metallplatten, die
auf der kleinen bühne das schlachtfeld bilden, liegt ihr ältester sohn
duryodhana, mit zerschmetterten lenden, sterbend. im letzten quälenden schmerz
stammelt er noch: „das ist die folge unersättlicher gier.“ die blutgetränkte
rivalität der kauravas und der pandavas, eine episode nur im unerschöpflichen
mahabharata, veranlasste den indischen dramatiker bhasa im 5.jahrhundert zu
einem einakter, den der junge indische regisseur sankar venkateswaran am
volkstheater mit einer schauspielerin und fünf schauspielern als mehrstimmiges
klagelied inszeniert. ist es möglich, den ozean von blut zu überwinden? sie
beklagen die rache und die regelverstösse, sie beklagen die schlachten und die
parteilichkeit des gottes krishna. sie beklagen das alles, ohne ihm entrinnen
zu können. gerade mal 50 minuten dauert das stück und wirkt doch in seiner
dramatischen und politischen wucht wie ein abendfüllendes epos. in wechselnden
rollen sind die jungen männer handelnde und beobachtende, mal haben sie wie
gierige tiger das feuer der kämpfer in den augen, mal die tränen der opfer. durch
die von den - sichtlich mitgenommenen - jungs mit gewalt geladene atmosphäre
irrlichtert ghandari, die mutter, wie eine blinde seherin, wie eine braut des
todes: „was übrig blieb, war krieg. seit siebzehn tagen tobt der kampf. heute
ist der achtzehnte.“
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