Donnerstag, 2. März 2017

BASEL: DON GIOVANNI IN DER DACKELKACKE

was bei diesem „don giovanni“ am theater basel zuerst stört: das hässlichste bühnenbild seit mindestens mozarts tod, schäbige dunkelgraue stellwände und dutzende von schäbigen dunkelbraun lackierten türen, der ganze abend wird auf diese weise in die modefarbe dackelkacke getaucht – und das für „die oper aller opern“ (e.t.a. hoffmann). was zweitens stört: mit seinem berüchtigten applaudierzwang (xeirokrotorrhoe, siehe auch 19.1.2014) zerlegt das basler publikum leporellos registerarie an der falschesten stelle in zwei teile; biagio pizzutis meisterlicher gesang wird zerklatscht und zerhackt. was drittens stört: chefdirigent erik nielsen kämpft den ganzen abend mit der koordination zwischen den solisten oben auf der bühne und dem orchester unten (oder kämpft er gar nicht?). daneben allerdings viel freude! ein bezaubernd junges und attraktives ensemble lässt sich von regisseur richard jones zu höchstleistungen animieren. noch nie haben wir donna anna, donna elvira und zerlina so vielschichtig erlebt, die ganze ambivalenz der verführten erleidend, vom verzehrenden zum verzweifelnden und wieder zurück. und der erst 25jährige mailänder bass riccardo fassi als don giovanni ist schlicht hinreissend, tolle stimme, tolle figur, süchtig nicht bloss nach den frauen, ihren düften, ihrer wärme, ihrer haut, sondern süchtig auch nach den nebenwirkungen: immer wieder tritt er in den hintergrund und betrachtet geniesserisch das emotionale chaos, das er mit seinen affären überall anrichtet. den finalen höllensturz tritt der elegante schuft hier konsequenterweise gar nicht selber an, sondern schickt seinen diener vor. und amüsiert sich weiter. das erotische prinzip überlebt die ganze dackelkacke.

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