Sonntag, 5. Februar 2017

MÜNCHEN: DAS SCHLOSS

ob er oben im schloss bei seinem neuen dienstherrn wohnen soll oder doch unten in der dorfgaststätte? der landvermesser k. kann sich nicht entscheiden: „ich will immer frei sein.“  das entlockt der dumpfen masse in der schenke ein hämisches, grelles grinsen. frei sein! in diesem schloss und in diesem dorf herrschen unbekannte mächte und undurchsichtige hierarchien, hier ist keiner frei und der ebenso motivierte wie gutgläubige herr k. wird hier niemals fuss fassen. das wissen alle, ausser herr k. selber. dem französischen regisseur nicolas charaux gelingt mit kafkas unvollendetem „schloss“ am münchner volkstheater eine grandiose groteske. die zwänge und die enge dieser gesellschaft verwandelt er in sehr körperhaftes theater, eine choreographie des grauens: vier schauspielerinnen, vier schauspieler, alle in schlammfarbenen overalls, alle in pelzmänteln und mit pelzmützen (der mensch ist des menschen wolf), alle mit weiss geschminkten gesichtern, was sie manchmal wie vampire aussehen lässt und manchmal wie bösartige clowns. sie alle sind mal herr k. und alle sind die devote masse der beamten und bürger. sie tuscheln und intrigieren, sie umgarnen sich und würgen sich, sie keifen und schreien und je grösser der bürokratische leerlauf wird und je aussichtsloser der kampf dagegen, desto rasanter dreht sich die rostige drehbühne. das nervt manchmal gewaltig in seiner redundanz, es will ganz bewusst nerven: totalitäre macht und willkür als permanente psychische und physische grenzerfahrung. stark. für das tolle junge ensemble gibt´s begeisterten, nicht enden wollenden applaus.

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