Donnerstag, 19. Januar 2017

LUZERN: WHAT ABOUT NORA?

unten fällt eine tür dröhnend ins schloss. dann ist die frau weg. weg von mann und kindern. so endet ibsens „nora“, die zur literarischen hymne der emanzipationsbewegung wurde. und so, mit dem donnernden scheppern der türe, beginnt der holländische regisseur bram jansen in der box des luzerner theaters seine sicht auf den stoff. unter dem titel „what about nora?“ nötigt er ibsens figuren bei nüchternem neonlicht zur familienaufstellung, er begegnet der welt von damals mit einer methode von heute. helmer, rank, krogstad, linde – sie alle sitzen im kreis, umgeben vom publikum, und erinnern ihre sicht der dinge. ibsens textfetzen (1879) und gedanken der schauspieler (2017) werden zu intensiven monologen vermengt, die dem beziehungsnetz von nora schärfere konturen geben und die zentralen fragen der sekundärliteratur gleich mitinszenieren: warum gibt ein mensch seine sicherheit auf? kann man die rolle, die man spielt, einfach wechseln? sind träume luxus für wenige? hat die gesellschaft recht oder ich? immer wieder positionieren sich die figuren im raum neu und immer wieder fällt die tür dröhnend ins schloss, die vergangenheit und die gegenwart finden zusammen. nora steht hier nicht im zentrum, sondern flaniert gleichsam durch diese wechselnden konstellationen und befragt ihr leben neu. starker ansatz, starke momente. doch diesen klaren fokus gibt die regie immer wieder preis: indem sie reclam-hefte verteilt und zuschauer daraus vorlesen lässt, indem sie von der familienaufstellung unvermittelt zur parodie einer familienaufstellung wechselt, indem sie die arme nora-darstellerin einen exhibitionistischen befreiungstanz aufs parkett legen lässt. so wirkt, was ein richtig guter theaterabend hätte werden können, zwischendurch furchtbar aufgesetzt, angestrengt, peinlich.

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