Dienstag, 20. Dezember 2016

LUZERN: MÖRGELI? ZAUBERFLÖTE!

willkommen in dr. mörgelis medizinhistorischem museum: ein paar unappetitliche körperteile lauern in den schaukästen und da und dort auch flattervieh, dazwischen monströse käfige. der belgische regisseur wouter van looy hat sich da was hübsches ausgedacht für „die zauberflöte“ am luzerner theater. der düstere fiesling, der in dieser grümpelszenerie menschenexperimente durchführt, ist mozarts überschätzter freimaurer sarastro; vuyani mlinde gibt ihn mit voluminösem, nicht konsequent treffsicherem bass als kalten fanatiker und kontrollfreak. die erotik- und gewaltphantasien sind in dieser volksoper ja durchaus schon angelegt, in der luzerner inszenierung werden sie aufs lustvollste ausgekostet und bebildert. pamina und tamino sehen bei ihrer feuer-und-wasser-prüfung aus wie die verklemmten verlobten janet und brad in der rocky horror picture show, monostatos gibt den gfürchigen joker aus „the dark knight“, die königin der nacht wird als klon von italiens pornosternchen ilona staller vorgeführt und papageno singt in seiner verzweiflung auch mal lehár statt mozart ("hast du dort oben vergessen auch mich?“). das sieht und hört sich nicht nur kurzweilig an, sondern ist durchaus im sinne des erfinders, denn mozart wollte mit seiner letzten oper das ganze universum menschlicher regungen und rätsel streifen. also wird der fundus hemmungslos geplündert, die widersprüche sind im preis inbegriffen. dazu findet chefdirigent clemens heil mit dem luzerner sinfonieorchester einen vitalen, jungen mozart-ton, wobei ihm allerdings piano und legato weitgehend abhanden kommen; diese harte unterlage lässt viele stimmen dann doch seltsam glanzlos klingen. glanzlos – hier aber beabsichtigt – auch das finale: sarastro erwürgt die königin der nacht auf offener bühne, ihre tochter pamina lässt tamino tamino sein und flieht entsetzt aus dr. mörgelis gruselkabinett. kein weihnachtsmärchen, kein happy-end.

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