Freitag, 11. November 2016

LUZERN/EMMEN: RIGOLETTO

dampfkessel, kabelstränge, messgeräte, schläuche, warnlampen, schalttafeln, fluchtleitern, überdruckventile, metallrohre, transportkräne, notausgänge: hier experimentierten forscher und arbeiter ab 1950 mit synthetischen garnen, doch seit mehr als zehn jahren steht die pilothalle der ehemaligen viscosuisse in emmenbrücke schon leer. das luzerner theater nutzt dieses prachtvolle industrierelikt jetzt für eine ebenso eigenwillige wie grossartige annäherung an giuseppe verdis „rigoletto“. die ausrangierte kulisse bietet einen faszinierenden rahmen für das porträt dieses aussenseiters: in seinem job als hofnarr ist er ein auslaufmodell, weshalb er sich am einzigen festklammert, was ihm noch bleibt, an seiner tochter. und dies mit krankhafter eifersucht, die die junge frau letztlich in den tod treibt. der österreichische bariton claudio otelli brilliert als rigoletto, er taumelt wie in trance über all die treppen und zwischenböden, zwischen äusserster wut und tiefster traurigkeit; die mitmenschen, die ihn ausgrenzen und verhöhnen, erlebt er nur noch als fratzen – regisseur marco štorman und seine ausstatterin anika marquardt leisten da bis in die kleinsten nebenrollen ganze arbeit. der labyrinthische raum wird so zum labyrinth der gefühle, zum spiegelbild von rigolettos wunder seele. stefan klingele dirigiert das luzerner sinfonieorchester in der tiefe des raumes, mit viel gespür für das utopische an verdis musik, die sehnsucht nach dem neuen. auch wenn die musikalische koordination quer durch die unübersichtliche halle nicht immer perfekt gelingt, ist dies ein eindrücklicher, vielversprechender einstand des neuen luzerner opernensembles: auf magdalena risberg (gilda), vuyani mlinde (sparafucile) und bernt ola volungholen (marullo) darf man sich auch in weiteren rollen ausgesprochen freuen.

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