Montag, 17. Oktober 2016

BERLIN: IL BARBIERE DI SIVIGLIA

"wenn man mit einer sache zunächst überfordert ist, bringt einen das auf neue ideen und provoziert in einem die kraft, diese überforderung zu überwinden." kirill serebrennikov ist in russland ein angesagter regisseur. jetzt hat er für die komische oper berlin mit der kraft der überforderung aus rossinis "barbier von sevilla" eine rabenschwarze smartphone-komödie gemacht. der figaro (dominik köninger, bravourös) ist hier ein starfriseur im schwarzen cape, mit schwarzen ohrspreizerringen und zu viel kajal im gesicht. dieser moderne mephisto mauschelt und mixt die gefühle seiner kundschaft: wahre liebe scheint in zeiten der oberflächlichen kommunikation ein ding der unmöglichkeit. sms werden zwischen den flirtenden quer über die bühne gejagt (auch eines an den dirigenten: "gehts auch schneller?"), arien werden als schmachtfetzen-videos gepostet, es gibt money-transfer und social disaster - heisse leitungen, kalte welt. und rossinis musik? die macht das nicht nur mit, sondern liefert in ihrer spritzigkeit tausend anlässe für situationskomik, alles frisch, frech, fulminant, jede pointe sitzt - dank einem ensemble in umwerfender spiellaune. graf almaviva tritt, um seiner angebeten rosina inkognito nahe zu sein, mal als syrischer kämpfer auf und mal als musiklehrer im perfekten conchita-wurst-outfit. das date kommt zustande, die liebe nicht: "omg!" komische opern sind oft von peinlicher plattheit, ich habe sie nie gemocht. dieser überforderte russe, der mit der musik in die tiefe blickt, hat mich jetzt mit ihnen versöhnt. seinen namen sollte man sich merken. serebrennikov.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen