Montag, 5. September 2016

LUZERN: DEM ANDENKEN EINES ENGELS

alban berg war ein zahlenfetischist. besonders die 23 hatte es ihm angetan: viele seiner werke wurden an einem 23. vollendet, in takt 23 seines violinkonzerts erklingt das todesmotiv, der zweite satz hat 230 takte und als tempo werden hier immer wieder 69 schläge pro minute vorgegeben (3x23). und. so. weiter. das konzert ist „dem andenken eines engels“ gewidmet, manon „mutzi“ gropius, der tochter von alma mahler-werfel und walter gropius, die 18jährig an kinderlähmung starb. dieser tod erschütterte alban berg so sehr, dass das violinkonzert trotz seiner liebe zu zahlen keine mathematische veranstaltung wurde, sondern ein werk von aussergewöhnlicher zartheit. anne-sophie mutter hat dieses requiem für mutzi jetzt beim lucerne festival gespielt, als berührende, intime reise vom diesseits ins jenseits. berührend auch deshalb, weil sie vom orchester der lucerne festival academy begleitet wurde, lauter jungen musikerinnen und musikern, denen der tod einer 18jährigen anders nahe geht. mit grosser intensität liess alan gilbert dieses hochmotivierte orchester der solistin in die überirdischen sphären folgen, mit trauer, fieber und andacht. für anne-sophie mutter war diese annäherung an die jugend und an den himmel gleichzeitig ihr 40-jahr-jubiläum am lucerne festival („primadonna“ lautet, passenderweise, das motto in diesem sommer); mit 13 trat sie hier erstmals auf. ihr rezept, in all den kompositionen nach so vielen auftritten doch immer wieder neue zugänge zu entdecken, verrät sie im programmheft: „man braucht einfach die leidenschaft fürs detail und ein gesundes quäntchen unzufriedenheit.“

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