Dienstag, 28. Juli 2015

MÜNCHEN: DON CARLO

im nachthemd sitzt der spanische könig auf der bettkante, unruhig, fassungslos, allein. er beklagt, dass seine frau ihn nicht liebt, nie geliebt hat, weil sie schon vor ihrer politisch motivierten vernunftehe seinem sohn carlo zugeneigt war. er beklagt, er jammert, steht auf, legt sich wieder hin, wälzt sich verzweifelt auf dem bett. zwischendurch packt er die prächtige purpurrote königsrobe, wohl in der hoffnung, dieses äusserliche zeichen seiner macht möge ihm halt geben in seinem privaten unglück, und lässt sie wieder fallen. rené pape singt diesen philipp II. hinreissend und spielt berührend: "ella giammai m'amò." weil diese intimen momente, die die menschen hinter den königlichen und kirchlichen macht- und drohkulissen zeigen, so präzis gearbeitet sind, entfaltet jürgen roses inszenierung von verdis "don carlo" an der bayerischen staatsoper immer noch eine enorme kraft, obwohl seit der première 15 jahre vergangen und längst andere sänger im einsatz sind. auch die bühne erweist sich als zeitlos: ein dunkler, sich nach hinten arg verengender raum wird zum kerker für alle menschlichen regungen, ein raum zum ersticken. einen ähnlich intensiven eindruck wie rené pape hinterliess in unserer vorstellung auch der italienische bariton simone piazzola als posa, der mitfühlende freund und vermittler. die übrigen stimmen (alfred kim als don carlo, anja harteros als elisabetta, anna smirnova als eboli) sind für sich alle hochkarätig, wollten aber unter der leitung von asher fisch kein rundes ganzes ergeben. was man bei einer aufführung im rahmen der opernfestspiele und entsprechenden preisen doch eigentlich erwarten dürfte.

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