Freitag, 6. März 2015

MÜNCHEN: SING MAL WAS AUF RUSSISCH

keine party und kein abend mit freunden, wo genija rykova diesen satz nicht hören muss: „sing mal was auf russisch!“ rykova ist schauspielerin am residenztheater in münchen und hat sibirische wurzeln. jetzt erfüllt sie diesen wunsch gleich abendfüllend, tritt im marstall mit timoschenko-frisur und im aufreizend knappen glitterschwarzen auf, nicht als genija rykova, sondern als irina klischevetskaja. und singt sich, nomen est omen, ironisch den ganzen klischees entlang, singt all die volkslieder und schlager von bären und beeren und birken am baikalsee, von aufgeschlitzten müttern und dem mann mit der axt. mit samtener stimme kostet sie all die zisch- und schlürflaute ihrer muttersprache lustvoll aus und die melancholie fliesst ihr literweise über die lippen. ein ganz und gar unpolitischer abend also. begleitet wird genija/irina von einer formidablen vierköpfigen jazzformation (die sie als ihre vier sibirischen brüder vorstellt), was die russische folklore einerseits ganz hervorragend erträgt und dem konzert anderseits, in raumgreifenden instrumentalsoli etwa, auch eine zusätzliche, reiche dimension verleiht. zwischendurch werden russische gewürzgurken durch die dichten publikumsreihen gereicht und wodka ausgeschenkt, nicht aus der flasche, sondern gleich aus dem 20-liter-kanister. man könnte von russland träumen. wenn man denn ausgerechnet jetzt von russland träumen wollte.

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