Mittwoch, 31. Dezember 2014

ZÜRICH: ICHWOTTHÜTTNÖDVERNÜMPFTIGSII

wer über die feiertage keine k.o.-tropfen, sondern ein bisschen viel familie erwischt hat, vielleicht gar eine überdosis, der sollte sich im zürcher schauspielhaus paul burkhards musikalische komödie „der schwarze hecht“ anschauen. da bekommt er dann vorgeführt, wie’s ausartet, wenn’s wirklich ausartet. herbert fritsch (ja, der) macht sich einen riesenspass daraus, den schweizer klassiker aus dem jahr 1939 auf die allerletzte spitze zu treiben: die geburtstagsfeier bei albert oberholzer (101), bei der all die tanten mit ihren mätzchen und die onkel mit ihren marotten und völlig unerwartet auch der beim zirkus gestrandete bruder samt manegenprinzessin einfallen, stattet fritsch mit den üblichen üppigen fritsch-perücken, den dick bemalten fritsch-gesichtern, den grellbunten fritsch-kostümen und kiloweise fritsch-klamauk aus. ichwotthüttnödvernümpftigsii, singt oberholzer-tochter anna – das motto steht über dem ganzen, nicht nur leicht windschiefen, sondern total schrägen abend. mit einem minimum an inhalt schaffen fritsch und sein lustvoll züritüütsch parlierendes ensemble ein maximum an parodie; parodie auf den bauernschwank und parodie auf die grosse oper gleichermassen. ichwotthüttnödvernümpftigsii. einzig als glitter-diva ruth rosenfeld mit blonder mähne und prächtigem sopran und polnischem akzent zum „o mein papa“ ansetzt, da weicht jeder klamauk von der bühne, da ist plötzlich platz für reinen kitsch und reine poesie: der ohrwurm als magischer moment. so viel stil hat herr fritsch.

Dienstag, 2. Dezember 2014

MÜNCHEN: OPHELIA

marie jung sagt o. wieder und wieder o. hübsche idee, einen one-woman-abend (oder 50 minuten, um genau zu sein), der ophelia ins zentrum rückt, zu beginnen mit gefühlt 36 variationen des buchstabens o. eine etude des sprechens, flüsterns, singens, stockens für die schauspielerin, eine etude des zuhörens und imaginierens fürs publikum. was dann folgt im werkraum der münchner kammerspiele: die geschichte des prinzen hamlet, des intrigierens und mordens am dänischen hof, aus der sicht seiner von shakespeare doch eher an den rand gedrängten freundin. jetzt rede ich! marie jung, adrett mit blauem kleidchen, modischer hornbrille und kurzhaarschnitt, erzählt dann allerdings vor allem, was wir längst wissen. regisseur kristof van boven, selber schauspieler im ensemble, bewegt seine kollegin rein narrativ voran: kaum ein neues fragezeichen, kaum ein einwand, kaum eine reflexion. ophelia wird so zwar zur eigenständigen und durchaus sympathischen person, eigene konturen allerdings gewinnt sie nicht. was sie bei hofe gesehen und gehört hat, wissen wir danach, was und ob sie sich dabei etwas (überraschendes, unübliches, unerhörtes, unanständiges) gedacht hat, wissen wir nicht. – das erfreuliche: dass die ensemblemitglieder der kammerspiele auch zwischen ihren grossen produktionen aktiv sind, neue formen ausprobieren, auch mal scheitern und wir ihnen dabei sogar zugucken dürfen.

Montag, 1. Dezember 2014

MÜNCHEN: GUTE NOTEN FÜR DIE SCHWEIZ

nach dem überraschend deutlichen nein zur ecopop-initiative attestiert die "süddeutsche zeitung" den schweizer stimmbürgerinnen und stimmbürgern ökonomische vernunft und politische mässigung: "die vorstellung, man könne in der schweiz jedes volksbegehren durchsetzen, das die welt vereinfacht und in freund und feind einteilt, ist mit dieser abstimmung deutlich widerlegt worden."