Mittwoch, 30. Juli 2014

MÜNCHEN: STEVEN SCHARF ALS LILIOM

er tänzelt, probiert ein paar schritte, zunächst ohne musik, unsicher und total ausgestellt auf der leeren bühne, über der eine riesige discokugel schwebt. ein mensch, ganz allein, verletzlich und verloren: steven scharf, der schauspieler des jahres, als liliom, der jahrmarktbudenausrufer. sein leben läuft beschissen: er verliert den job, macht seiner julie ein kind, für das kein geld da ist, wird bei einem raubüberfall verhaftet, nimmt sich das leben. stephan kimmig zeigt franz molnárs „vorstadtlegende in sieben bildern“ an den münchner kammerspielen in einer hochkonzentrierten form (und bis in die letzte nebenrolle exzellent besetzt). er verknappt die dialoge und setzt auf präzise gestik und mimik, sozialdrama pur. liliom tänzelt, er tänzelt dem abgrund entgegen, er schwitzt zunehmend, aus dem tänzeln wird ein taumeln, ein taumeln zum tode. steven scharf ist kein grober hallodri, sondern ein zärtlicher versager, einer, der dem leben schutz- und hilflos gegenübersteht. wenn er nach 16 jahren im himmel kurz runter darf, um ein einziges mal seine tochter zu sehen, und ihr als stern von oben die riesige discokugel mitbringt, dann könnte das in grenzenlosem kitsch enden. hier gerät dieser moment sehr berührend, weil kein wort zu viel ist und keine bewegung aufgesetzt. und weil in lilioms glänzenden augen kein falsches glück erwacht, sondern einzig die verzweiflung für ein paar kurze sekunden verschwindet.

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