Sonntag, 22. Juni 2014

MÜNCHEN: DIE ZOFEN

„die gnädige frau vergiftet uns mit ihrer güte.“ die beiden schwestern claire und solange planen und proben deshalb den mord an ihrer reichen herrin, das spiel entwickelt eine grausige eigendynamik, am schluss ist nicht die gnädige frau tot, sondern claire. jean genet hat „die zofen“ 1947 nicht als kampfstück im auftrag der dienstbotengewerkschaft geschrieben, sondern als rabenschwarzes märchen. stefan pucher, der seine inszenierungen sonst gerne mit visuellem, akustischem und dramaturgischem trash zumüllt, hält sich an den münchner kammerspielen für einmal vornehm zurück: ein paar live-videos zwar im konsequent schwarz ausgekleideten salon, ein paar gehauchte balladen, aber sonst ist das feld völlig frei für drei aussergewöhnliche schauspielerinnen. brigitte hobmeier, annette paulmann und wiebke puls sind weiss geschminkt wie stummfilmstars, drei todesengel, die sich ihre verwundeten seelen gegenseitig mit giftigen sätzen einreiben. grossartig, wie sie ihre stimmen in sekundenbruchteilen vom säuselnden domestiken-ton zwei oktaven abstürzen lassen ins gegurgel eiskalter rächerinnen, und wieder zurück. das permanente rummachen an der grenze von fiktion und realität und an der grenze von demütigung und quälerei gibt blicke frei in menschliche abgründe. drei tollen schauspielerinnen dabei zuzugucken, das hat einen durchaus speziellen reiz. gnadenlos.

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